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Aus: Ausgabe vom 26.04.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Anarchokapitalismus

Es läuft nicht gut für Milei

Argentinien: IWF lobt Rückbau des Staates, Unterstützung von Unternehmern bröckelt
Von Volker Hermsdorf
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Massenproteste gegen Milei am Dienstag in Buenos Aires

Argentiniens rechter Staatschef Javier Milei zeigt sich vom landesweiten Protesttag der Universitäten gegen seine rigide Sparpolitik unbeeindruckt. In den Social-Media-Kanälen, über die er bevorzugt kommuniziert, postete er das KI-generierte Bild eines Löwen, der aus einem Becher mit der Aufschrift »linke Tränen« trinkt. Am Dienstag abend verteidigte er seinen neoliberalen Wirtschaftskurs bei einem Galadiner der Stiftung »Fundación Libertad«. Die Massenproteste der vergangenen Monate tat er dort als Versuch ab, »das Land zu destabilisieren«. Doch obwohl der Internationale Währungsfonds (IWF) den kürzlich verkündeten Haushaltsüberschuss im ersten Quartal als Erfolg richtiger Maßnahmen lobte, läuft es derzeit nicht gut für Milei.

Mit rund einer Million Teilnehmer waren die Proteste gegen Kürzungen der Hochschulbudgets am Dienstag die größte von bisher drei landesweiten Massendemonstrationen gegen die Folgen seiner Schocktherapie. Bereits sechs Wochen nach Amtsantritt der Regierung legte ein Generalstreik am 24. Januar das Land lahm. Am 24. März, dem Jahrestag des Militärputsches von 1976, zogen erneut Hunderttausende durch die Straßen und protestierten gegen die Verharmlosung der Diktatur. Von Mal zu Mal stieg die Zahl der Teilnehmenden. Unbeeindruckt streiche Mileis Partei »La Libertad Avanza« Sozialausgaben, Gelder für Provinzregierungen, für Opfer des Staatsterrorismus oder für Universitäten, kritisierte die Tageszeitung Página 12 am Donnerstag.

Proteste weist der Präsident mit dem Vorwurf zurück, eine »korrupte Kaste« wolle ihre Privilegien verteidigen. »Es gibt kein Geld« ist sein Mantra seit Amtsantritt. Staatsausgaben werden zusammengestrichen, Privatisierungen durchgesetzt. »Es gibt keine Alternative zu Anpassungen und Schock«, wiederholt er regelmäßig. Nachdem die Renten gekürzt, Zigtausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes entlassen und Entschädigungen für Opfer der Militärdiktatur gestrichen wurden, trifft der Kahlschlag nun die Hochschulen. Warnungen vor den Auswirkungen auf das Bildungssystem werden als Propaganda abgetan, während die Universitätsverwaltungen erklären, dass die zugewiesenen Mittel es ihnen nicht erlauben werden, über die Jahresmitte hinaus zu arbeiten.

Trotz steigender Arbeitslosigkeit, Lebensmittelknappheit, einer Jahresinflation von 290 Prozent und immer mehr Opfern seiner Politik kündigte der rechte »Anarchokapitalist« auf dem Galadiner an, den »Kampf zur Wiedererlangung der Freiheiten« unbeirrt fortzusetzen. Laut einer Erhebung der Katholischen Universität UCA ist die Zahl der Armen seit Mileis Amtsantritt um mehr als 3,5 Millionen auf nunmehr 27 Millionen gestiegen. 60 Prozent der 46 Millionen Argentinier sind damit arm. Mittlerweile gehen auch Teile der Unternehmerschaft, bislang eine der wichtigsten Stützen für den neoliberalen Umbau der Wirtschaft, auf Distanz. Vier Monate libertären Managements hätten etliche Klein- und Mittelbetriebe an den Rand des Konkurses gebracht, zitierte Página 12 am Donnerstag den argentinischen Industrieverband (Unión Industrial Argentina, UIA). In den ersten beiden Monaten dieses Jahres habe das verarbeitende Gewerbe einen Rückgang von 8,3 Prozent verzeichnet. Der Verband warnt vor einer »überwältigenden Rezession«. »Neben dem Zusammenbruch des Inlandsmarktes« könnten auch die Exporte schrumpfen. »Wir sind noch lange nicht am Ende des Niedergangs«, sagte ein leitender UIA-Mitarbeiter gegenüber Página 12. »Es scheint, dass einzig die Regierung eine mögliche Erholung sieht.«

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