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Aus: Ausgabe vom 19.04.2024, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Weg mit dem Firlefanz

Von René Lau
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Als Fananwalt kümmere ich mich nicht nur um Strafverfahren, sondern bin auch als Fachanwalt für Sportrecht unterwegs. Am vergangenen Wochenende stand etwa die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Sportrecht des Deutschen Anwaltvereins in Köln an. Für einen sportbegeisterten Menschen wie mich ist da der Besuch des Kölner Sportmuseums Pflicht. Gesagt, getan. Und schon im Eingangsbereich wird man daran erinnert, dass uns in nicht einmal zwei Monaten die Fußballeuropameisterschaft bevorsteht: An einem riesigen EM-Pokal kommt man nicht vorbei. Bei mir hat das Ereignis bislang keine großen Emotionen geweckt. Ob sich das in den kommenden Wochen noch ändert, bleibt abzuwarten. Zumindest konnte nach den letzten Spielen der Nationalmannschaft ein wenig Hoffnung aufkommen.

Aber glimmt ein Funken, wird er durch unsägliche Diskussionen wieder gelöscht. Nationalspieler Niclas Füllkrug schwärmte über die Begeisterung der Fans bei den letzten Spielen und fügte an, nun fehle nur noch ein Capo. Er meinte wohl einen Vorsänger, wie er im Vereinsfußball üblich ist. Nein, dachte ich, was soll das denn? Das schien mir in dieselbe Richtung zu gehen wie dieser jahrelang tätige unsägliche »Fanclub Nationalmannschaft«. Ein reines Kunstprodukt. Warum brauchen wir einen Capo? Wenn die Begeisterung da ist, ist sie da und wenn nicht, dann nicht. Hätte es einen Capo gebraucht, gäbe es ihn schon. Dafür bedarf es keiner Initiative von außen, das entwickelt sich oder nicht. Im gleichen Zusammenhang diskutiert die halbe Nation über einen neuen Torjingle. Wozu brauche ich eine Musik, wenn meine Mannschaft ein Tor schießt? Dieser emotionalste Moment eines Spiels braucht keine musikalische Untermalung. Nach einem Tor will ich jubeln und meinem Nachbarn in den Armen liegen und nicht ein vorgegebenes Liedchen trällern.

Lasst den ganzen künstlichen Firlefanz weg. Die Bierhoffisierung der Nationalmannschaft sollte endlich ein Ende haben. Die Fans im Stadion wissen am besten, was zu tun ist. Und spielen die elf Mann in Weiß auf dem Rasen guten Fußball, wird sich keiner von ihnen über mangelnde Begeisterung von den Rängen beschweren müssen.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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