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Aus: Ausgabe vom 17.04.2024, Seite 5 / Inland
Kahlschlag bei VW

Volkswagen wrackt ab

Autobauer schickt zur Profitsteigerung Tausende Beschäftigte in Altersteilzeit. Jüngeren winken bei schnellem Abgang 50.000 Euro extra
Von Ralf Wurzbacher
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Es läuft gut für VW: 2023 hat der Konzern einen Gewinn nach Steuern von knapp 18 Milliarden Euro erzielt

Bei Volkswagen gibt’s jetzt die »Abwrackprämie« für (nicht mehr) gebrauchte Mitarbeiter. Im Rahmen seines großangelegten »Spar- und Effizienzprogramms« setzt der Wolfsburger Autobauer im speziellen auf die Ausweitung von Altersteilzeit. Diese biete »die Möglichkeit, Personal nachhaltig sozialverträglich abzubauen«, gab Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor Gunnar Kilian am Montag in einer Managementmitteilung bekannt, über die die Wirtschaftswoche (Wiwo) am Dienstag berichtete. Wer von den Jüngeren besonders schnell seinen Job an den Nagel hängt, soll demnach neben der geregelten Abfindung mit einem Extrabonus von 50.000 Euro bedacht werden. Dafür muss man sich bis Ende Mai zum Weggang entschieden und dann binnen zwei Wochen einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet haben.

Ende November waren der Betriebsrat und Vertreter der IG Metall erstmals über die Pläne zum Abbau beträchtlicher Teile des Verwaltungsapparats durch VW-Markenchef Thomas Schäfer informiert worden. Wie viele der Beschäftigten gehen müssen – neben Tarifangestellten stehen auch Führungskräfte auf der Streichliste –, wird nicht kommuniziert. »Wir orientieren uns an Kosten, nicht an Köpfen«, gab die Wiwo einen Insider wieder. Überliefert ist nur, dass bis 2026 rund 20 Prozent der administrativen Kosten gesenkt werden sollen. Im Verbund mit weiteren Strukturanpassungen in den Bereichen Vertrieb und technische Entwicklung soll so das Ergebnis der Kernmarke bis 2026 um zehn Milliarden Euro gesteigert werden. Vier Milliarden Euro seien dabei im laufenden Jahr zu generieren, so das Handelsblatt. Mittelfristig wolle man die Rendite auf 6,5 Prozent treiben, zur Zeit beträgt diese etwa vier Prozent. Andere Konzernmarken wie Audi und Porsche streben eine ähnliche Rosskur an.

Begründet wird das »Performancepaket« mit den verschärften Wettbewerbsbedingungen auf den internationalen Absatzmärkten, insbesondere mit den Rückständen bei der E-Mobilität gerade gegenüber der chinesischen Konkurrenz. Schlecht geht es Volkswagen und seiner Mutter, der VW-Group, allerdings mitnichten. 2023 hat der Konzern einen Gewinn nach Steuern von knapp 18 Milliarden Euro erzielt, im Vorjahresvergleich bedeutet das ein Plus von 13 Prozent. Nach den Gesetzen des Shareholder-Kapitalismus haben die Profite aber vornehmlich den Anlegern und weniger den Mitarbeitern zugute zu kommen. Deshalb bedarf es turnusmäßig kräftiger Abstriche beim Personalbestand. Dabei entledigt sich VW diesmal bevorzugt der Altgedienten, indem es Beschäftigten der Jahrgänge 1965 und 1966 Altersteilzeitangebote macht.

Laut Handelsblatt nahmen bei früheren Gelegenheiten im Schnitt 70 Prozent eines Jahrgangs solche Angebote von VW an. Zuletzt habe Personalchef Kilian auf dem Karrierenetzwerk Linkedin verkündet, dass allein seit Februar 4.800 Anfragen eingegangen seien, davon 3.000 aus dem erst kürzlich freigegebenen Jahrgang 1967. Die Altersteilzeit erstreckt sich bei VW in der Regel über sechs Jahre. Drei Jahre arbeiten die Betroffenen weiter in Vollzeit, erhalten aber weniger Geld. Danach wechseln sie in den »passiven Teil«, den frühzeitigen Ruhestand. Aus Unternehmersicht hat das Vorgehen einen Vorteil mehr: Weil VW von betriebsbedingten Kündigungen absehen will, halten Betriebsrat und Gewerkschaften beim Großreinemachen still – ganz im Sinne der »Sozialpartnerschaft«.

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