Repression gegen Palästina-Kongress
Von Jamal IqrithTrotz Schikanen, Einreiseverboten für Referenten sowie eines vollständigen Verbots konnte der Palästina-Kongress am Sonntag in Teilen online stattfinden. Per Livestream wurde ein »Tribunal gegen Deutschland« wegen der »Beihilfe zum Völkermord in Gaza« abgehalten sowie eine Resolution mit einem umfangreichen Forderungskatalog verabschiedet.
Am Freitag hatte die Polizei nach stundenlanger Verzögerung des Veranstaltungsbeginns während des Beitrags des palästinensischen Geographen Salman Abu Sitta den Kongress gestürmt und aufgelöst sowie für das gesamte Wochenende verboten. Die Polizei begründete das Verbot im Anschluss mit einem angeblichen politischen Betätigungsverbot für Abu Sitta, von dem die Veranstalter laut eigenen Angaben nichts wussten. Darüber hinaus ist unklar, ob ein solches auch das Abspielen von Videosequenzen abdeckt.
Einem anderen Redner, dem renommierten palästinensisch-britischen Chirurgen und Rektor der Universität Glasgow, Ghassan Abu Sitta, der den Kongressteilnehmern als Augenzeuge der israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen berichten sollte, war am Freitag am Flughafen in Berlin die Einreise verweigert worden. Auch dem ehemaligen Finanzminister Griechenlands, Yanis Varoufakis, der ebenfalls als Redner vorgesehen war, wurde laut eigenen Angaben am Sonnabend ein Einreise- und Betätigungsverbot erteilt.
Auf einer Pressekonferenz am Sonnabend erhoben die Veranstalter schwere Vorwürfe gegen das »autoritäre Vorgehen«. Ein Sprecher erklärte, man sehe das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit »nicht nur eingeschränkt, sondern für mehrere Tage völlig ausgehebelt«.
Am Samstag nachmittag versammelten sich Tausende Menschen am Neptunbrunnen in Berlin, um gegen das Verbot des Palästina-Kongress und für ein freies Palästina zu demonstrieren. In der Spitze protestierten laut Veranstaltern 9.000 Menschen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, es kam zu mehreren Festnahmen. Zahlreiche Bundespolitiker wie Innenministerin Nancy Faeser (SPD) lobten das Vorgehen der Polizei.
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Nach dem Motto: »Der Zweck heiligt die Mittel« stürmte die Polizei den Kongress und bemühte als Begründung dafür sogenannte Betätigungsverbote von Teilnehmern – lächerlicher geht es kaum. Wie weit ist es noch bis zum Gesinnungs- und Polizeistaat?
Derweil will der sozialdemokratische Bundeskanzler, ohne dabei rot zu werten, in China für die uneingeschränkte Meinungsfreiheit werben. Heuchlerischer geht es kaum!