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Aus: Ausgabe vom 09.04.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Verschwundene Industrieabfälle

Umweltkrimi in Thailand

Tausende Tonnen vermisster Cadmiumrückstände wieder aufgespürt.
Von Thomas Berger
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Das Recycling von NiCd-Batterien spielt eine immer größere Rolle bei der Gewinnung des giftigen Cadmiums

Seit mehreren Tagen sorgt ein Umweltskandal in Thailand für Schlagzeilen – mehrere tausend Tonnen hochgefährlicher Cadmiumabfälle konnten nach intensiver Fahndung der Behörden des südostasiatischen Landes am Wochenende wiedergefunden werden. Nach rund einem Viertel der Gesamtmenge, die zuvor aus der Provinz Tak im Nordwesten des Königreiches verschwunden war, wird aber weiter gesucht. Thailands Premierminister Srettha Thavisin hat eine umfassende Aufklärung des gravierenden Vorfalls angemahnt.

Eine mehrtägige intensive Suche nach den vermissten Mengen des für den Menschen stark gesundheitsschädlichen Materials, das im schlimmsten Fall über den Eintrag ins Trinkwasser größere Gebiete verseuchen könnte, hat am Wochenende immerhin mehrere Erfolgsmeldungen gebracht. Insgesamt mehr als 13.000 Tonnen Cadmium waren am vergangenen Donnerstag als verschwunden gemeldet worden. Sie sollen an zwei Stellen in der Provinz Tak widerrechtlich ausgegraben worden sein.

Von den Ermittlungsbehörden gesichtete Dokumente ergaben, dass die verantwortliche Firma bereits im August beantragt hatte, die potentiell karzinogenen Metallrückstände nach Samut Sakhon, knapp 50 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Bangkok, zu bringen. Auf dem dortigen Fabrikgelände einer Gießerei, die für Cadmiumverarbeitung keine Genehmigung haben soll, konnten aber zunächst nur rund 2.400 Tonnen sichergestellt werden. Die fieberhaften Ermittlungen gingen weiter, ist im unsachgemäßen Umgang mit dem Material doch Schlimmstes zu befürchten. Die Behörden verkündeten dann im weiteren Verlaufes des Wochenendes mehrere Funde.

Auf die größte Einzelmenge, etwa 6.700 Tonnen, stießen die Ermittler, als sie mehrere Lagerhäuser in einem Gewerbegebiet in Chon Buri, zweieinhalb Fahrtstunden südöstlich von Bangkok, durchsuchten. Der Komplex aus etwa 20 großen Hallen war als generell verdächtig ins Visier geraten, nur vier davon hätten eine gültige Lizenz, so Jullapong Thavesri, Leiter des Industrial Works Department, gegenüber Thai PBS. In einer Halle fanden sich tatsächlich, aufgestapelt in großen Säcken, gut die Hälfe der Cadmiumabfälle. Inzwischen wurden durch verschiedene Berichte in den thailändischen Medien immer mehr Details bekannt. So ist ein chinesischer Geschäftsmann festgenommen worden, den das Wirtschaftsblatt The Nation in einem Beitrag am Sonntag als Liu Lu, den 38jährigen Eigentümer der Lagerhalle, identifizierte. Er soll laut ersten Vernehmungen geplant haben, das Cadmium nach China zu verkaufen.

Mit gut 1.000 Tonnen, aufgespürt am Sonntag in einer Lagerhalle wiederum in Samut Sakhon, gab es bei der Fahndung nach dem gefährlichen Material zuletzt einen weiteren Teilerfolg. Der Fall, den das Portal Thai News als eine Art Umweltkrimi bezeichnete, ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Denn etwas mehr als 3.000 Tonnen der in den Unterlagen angegebenen Gesamtmenge fehlen nach wie vor. Industrieministerin Pimphattra Wichaikul hat als oberste Verantwortliche der Ermittlungen die komplette Rückführung der bislang gesicherten Säcke an den Ursprungsort binnen dieser Woche angeordnet. Der Transport soll unter gesicherten Umständen erfolgen.

Die Bangkok Post zitierte Suraphon Wongsukpaisan, Vizegouverneur der Provinz Tak, mit der Aussage, die Bodenuntersuchungen zeigten, dass ein Wiedervergraben an der ursprünglichen Stelle problemlos möglich sei. Umweltexperten sind derweil damit beschäftigt, Bodenproben rund um die Fundstätten des Cadmiums zu untersuchen. Dort sind an einigen Stellen deutlich erhöhte Messwerte festgestellt worden. Das Fabrikgelände in Samut Sakhon wurde vorsorglich gleich für 90 Tage zur Gefahrenzone erklärt, um Zeit für ausreichende Dekontaminationsmaßnahmen zu haben. Cadmium, das vor allem in Batterien zum Einsatz kommt, aber auch bei einigen Färbeprozessen, führt beim Menschen zu Knochen- und Nierenschäden, vor allem anorganische Verbindungen des Metalls gelten zudem als krebsauslösend. Das Umweltministerium kündigte an, alle gesammelten Informationen zu dem Fall offenzulegen.

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