4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 08.04.2024, Seite 16 / Sport
Falscher Acker

Die Platte

Von René Hamann
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Alles kann ein Fetisch sein – auch die Tischtennisplatte

Da stand sie. Die »Joola Rollomat« – eine der beliebtesten Wettkampfplatten im Tischtennissport, die außerdem den Beginn meiner Autorenkarriere markiert, wenn man so will. Ich hatte sie in dieser Ausführung lange nicht mehr gesehen, denn ihr fehlte noch das »Pro«, das nicht nur Tabletten gegen Reizdarm haben, sondern eben auch neuere Modelle dieses alten Klassikers.

In meiner Erinnerung war damals ein »9000« angehängt, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Im Internet war keine »Rollomat 9000« zu finden. Und mein erstes halbsatirisches, halbjournalistisches Texterzeugnis, das ungefähr 1986 für die Popmusiksendung Flipzeit des Westdeutschen Rundfunks produziert wurde, leider auch nicht. Ich war 15 und hatte einfach zwei Texte geschickt, die in die Rubrik »Plattenkritik von Hörern« passen sollten. Beide keine seriösen Erzeugnisse. In dem einen, für den sich der WDR entschied, hatte ich halt eine Tischtennisplatte besprochen – die »Joola Rollomat«.

Sie kam gar nicht mal so gut weg, weil sie fürs Tennis zu klein geraten und mit irgendwie lästigen Beinen versehen waren, wie ich schrieb. Netzangriffe waren gefährlich, nachher fiel man noch runter. Also von der Platte. Ich war wie gesagt 15.

In der transdanubischen Kindergärtnerinnenschule in Wien-Floridsdorf stand sie in entsprechender Umgebung: Die Tischtennisabteilung des KSV Hauptgruppe I, einem »Magistrat« der »Daseinsgewerkschaft« oder so ähnlich, hat sich seit nunmehr bestimmt 50 Jahren im Keller besagter Schule breitgemacht. Inmitten eines brutalistischen Betonwahnsinns haben sie sich eine Nische mitsamt dicken Stoffgardinen, Bar, holzvertäfelten Wänden und zwei abgetrennten Räumen mit je einer Rollomat geschaffen. An der Wand hängen neben verblichenen Urkunden die Fotos vergangener Ausflüge, die bis in die 90er Jahre reichen. Was danach kam, weiß man nicht.

Wien ist oft ein Ausflug in die Vergangenheit, und im Tischtennis verstärkt sich dieser Eindruck noch einmal. Besonders wenn man im VÖB, dem Angestelltenverband, gegen hauptsächlich alte, weiße Männer spielt, die ihr Metier seit 50 oder mehr Jahren beherrschen, allerdings oft auch noch so spielen wie damals. Noppe, einfach, sicher.

Mein Wiedersehen mit der alten Platte verlief ähnlich wie meine Karriere als Autor: am Anfang vielversprechend, dann aber nie wirklich erfolgreich. Ein Spiel gewonnen, das zweite verloren, obwohl ich nicht der schlechtere Spieler war. Immerhin gaben sich meine Wiener Mannschaftskameraden gänzlich unbeeindruckt und wehrten haufenweise Matchbälle ab. Am Ende gewannen wir dieses Spitzenspiel mit 6:2 und fuhren als Tabellenführer gestärkt zurück in die Gegenwart.

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