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Aus: Ausgabe vom 08.04.2024, Seite 10 / Feuilleton
Musik

Zum Glück nicht Geige: Tuba spielen

Von Marc Hieronimus
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Zeig mir deine Tuba, Liebling!

Konservenmusik ist heute kostenlos. Im Supermarkt würde so manche Ästhetin sogar mehr bezahlen, wenn der Inhaber dafür das Gedudel abstellte. Ganz anders dagegen die vor unseren Ohren gemachte Musik mit Spielern und Instrumenten.

Noch bis in die 1950er Jahre kamen Musiker so oft in die großstädtischen Innenhöfe, dass man meinte, das Musizieren dort verbieten zu müssen. Sicher mochte man auch einfach nicht diese Leute und ihren Stil. Andererseits sind Eltern seit eh und je bemüht, den Nachwuchs ans Musische heranzuführen. Die Klugen lassen die Kinder ausprobieren, welches Instrument ihnen liegt. Meist ist das nicht die Geige – zum Glück! Auf Saiten- und Tasteninstrumenten kann man die falschen Töne spielen, aber nicht die Töne falsch, und auch die geblasenen Übestunden auf Holz und Blech werden den zwangsläufig mithörenden An- und Mitbewohnern schneller erträglich als die auf dem Angeberinstrument des Bildungsbürgertums. Was sollen sie aber ausprobieren? Bloß keine Fachleute fragen! »Groups of guitars are on the way out«, ließ Decca Records 1962 Brian Epstein wissen. Das war nicht dieser Sexualstraftäter, sondern der Manager der Beatles. Gitarre spielt heute jeder, langweilig.

Warum eigentlich nicht Tuba? Das ist auf Latein und in Wirklichkeit ein Rohr, auf Persisch aber das Paradies. Bei Theologen umstritten ist die These, ob nicht sogar Gott höchstselbst Tuba spielt (»Herr, der Tubist im Himmel«). Neue Profiinstrumente kosten einen Kleinwagen, aber gebrauchte können erstaunlich günstig sein. Meine sehr wohlklingende erste kostete 220 Euro. Das war sogar eingraviert, allerdings war die Währung Rubel. Als sie und dort, wo sie gebaut wurde, waren das zwei Lehrergehälter. Geübte Tubisten können ihr Töne bis hinab zum Subkontra-A entlocken, das ist die erste Klaviertaste und ziemlich genau die Hörbarkeitsgrenze. Mehr Bass geht also nicht. Das einzige Problem ist die Unhandlichkeit als Straßeninstrument und längst von John Philip Sousa gelöst. Musizieren ausdrücklich erwünscht!

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