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Aus: Ausgabe vom 06.04.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Protest gegen Ausladung von Nancy Fraser von Albertus-Magnus-Professur an Universität zu Köln

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Nancy Fraser (Liège, 23.9.2015)

Über 20 Sozialwissenschaftler aus der BRD und der Schweiz, darunter die Professoren Stephan Lessenich, Klaus Dörre, Alex Demirovic und Oliver Nachtwey, protestierten mit einer am Freitag auf der Website »Kritische Theorie in Berlin« veröffentlichten Stellungnahme gegen die Ausladung der US-amerikanischen Philosophin Nancy Fraser von der Albertus-Magnus-Professur an der Universität zu Köln:

Der Rektor der Universität zu Köln hat entschieden, Prof. Nancy Fraser von der Albertus-Magnus-Professur wieder auszuladen, für die sie in diesem Jahr nach Köln eingeladen war. Er begründet dies ausschließlich damit, dass sie im November 2023 ihre Unterschrift unter die von über 400 Kolleg:innen unterzeichnete Stellungnahme »Philosophy for Palestine« gesetzt hat. Unabhängig davon, wie die in dieser Stellungnahme vertretene Analyse der Lage in Palästina nach dem 7. Oktober und die vorgeschlagenen Maßnahmen gegen israelische Institutionen im Einzelnen zu bewerten sind, ist die Kölner Ausladung von Nancy Fraser ein weiterer Versuch, die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion zu Israel und Palästina unter Verweis auf vermeintlich eindeutige und regierungsamtlich definierte rote Linien einzuschränken bzw. Wissenschaftler:innen, die vermeintlich problematische Positionen vertreten, aus der Diskussion hierzulande auszuschließen, auch wenn sich, wie im Fall Nancy Frasers, weder ihre eigene Arbeit noch die geplanten Veranstaltungen überhaupt mit dem Konflikt in Israel und Palästina befassen. Es ist unerfindlich, wie ein derartiges Vorgehen mit dem Bekenntnis des Kölner Rektorats zu »further dialogue in relation to current and future developments in Israel and the Middle East«, zum hohen Gut der Wissenschaftsfreiheit sowie zum internationalen Austausch zu vereinbaren ist. Nähme die Kölner Universität diese Selbstverpflichtung ernst, müsste sie ihre Ausladung umgehend wieder zurücknehmen. Dazu möchten wir sie hiermit nachdrücklich auffordern.

Als Wissenschaftler:innen stehen wir und die Forschungseinrichtungen, in denen wir arbeiten, mit Nancy Fraser seit vielen Jahren in engem und produktivem fachlichen Austausch. Dabei sind nicht nur wissenschaftliche Forschungszusammenhänge entstanden. Nancy Frasers Arbeit ist in Deutschland weit über die engere akademische Welt hinaus rezipiert worden und hat hierzulande wie nur wenige andere zu einer Internationalisierung der philosophischen und sozialwissenschaftlichen Diskussion beigetragen. Solche Forschungszusammenhänge mit internationaler und öffentlicher Ausstrahlung geraten durch Maßnahmen wie die der Kölner Universität in Gefahr. Damit droht das Vorgehen der Kölner Universitätsleitung auch international als ein Angriff auf das wahrgenommen zu werden, was eine Universität sein sollte: ein Ort für intensiven und kontroversen Austausch über gesellschaftlich relevante Fragen, und ein Raum für vertrauensvollen Austausch über disziplinäre und nationale Grenzen hinweg. Bislang wurden deutsche Universitäten als Orte des internationalen Austauschs und der ebenso international vernetzten wie öffentlich relevanten Forschung geschätzt – bliebe die Kölner Universität bei ihrer Entscheidung, würde dies diesem Ansehen und damit auch dem akademischen Leben hierzulande weiteren schweren Schaden zufügen.

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