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Aus: Ausgabe vom 05.04.2024, Seite 6 / Ausland
Mexiko

Politiker im Fadenkreuz

Mexiko: Bürgermeister werden ermordet, Wahlbewerber erbitten Schutz durch Sicherheitskräfte
Von Volker Hermsdorf
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Tatort in San Miguel Octopan: Hier wurde Bürgermeisterkandidatin Gaytán Gutiérrez am Montag erschossen

Acht Wochen vor den Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen am 2. Juni versinkt Mexiko immer tiefer in einer Welle von Gewalt. Drohungen, Entführungen und Morde durch das organisierte Verbrechen sind an der Tagesordnung. Bis Mitte dieser Woche haben bereits 108 Bewerber für die insgesamt über 20.000 zu besetzenden öffentlichen Ämter um den Schutz der Sicherheitskräfte gebeten – nicht ohne Grund. Als vorerst jüngster Fall ist am Dienstag die Kandidatin der Regierungspartei Morena für das Bürgermeisteramt der Stadt Celaya, Bertha Gisela Gaytán Gutiérrez, auf offener Straße erschossen worden. Nur drei Tage zuvor war auch der Bürgermeister der Gemeinde Churumuco, Guillermo Torres Rojas, in einem Restaurant von bewaffneten Männern ermordet worden.

Nach Angaben der Leiterin des Ministeriums für Sicherheit und Bürgerschutz (SSPC), Rosa Icela Rodríguez, haben mit Claudia Sheinbaum vom linken Wahlbündnis »Sigamos Haciendo Historia« – dem auch Morena angehört –, Xóchitl Gálvez von der Oppositionspartei »Fuerza y Corazón por México« und Jorge Álvarez Maynez vom sozialdemokratischen Movimiento Ciudadano mittlerweile auch drei Kandidaten für das Amt des Präsidenten sowie sieben Gouverneursbewerber um Schutz gebeten. Einem Bericht der örtlichen Menschenrechtsorganisation »Data Cívica« zufolge ist Morena, die neben dem Präsidenten Andrés Manuel López Obrador auch die Gouverneure in 21 der 31 Bundesstaaten stellt, derzeit die am stärksten von Gewalt betroffene Partei. Auch viele Bürgermeister, die sowohl die örtliche Polizei als auch öffentliche Bauvorhaben kontrollieren, sind bevorzugte Ziele des organisierten Verbrechens. Bei den Auseinandersetzungen geht es neben der Vorherrschaft im Drogenhandel oft auch um Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen.

Beides spielte vermutlich am Sonntag bei zwei blutigen Zusammenstößen in der Gemeinde La Concordia im Bundesstaat Chiapas eine Rolle, bei denen mindestens zehn Menschen ums Leben kamen. Mitglieder eines Drogenkartells seien dort am Wochenende in die Ranch des Anführers einer rivalisierenden Bande eingedrungen, wo es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung gekommen sei, die fünf Tote forderte, so Präsident López Obrador am Mittwoch. Weitere fünf Personen wurden bei einer Konfrontation zwischen Bandenmitgliedern und der Nationalgarde, die Arbeiter an einer Brückenbaustelle vor Angriffen schützen sollte, getötet. 13 Verdächtige, darunter auch Personen aus dem Nachbarland Guatemala, seien festgenommen und zwei Dutzend Gewehre beschlagnahmt worden, erklärte der Staatschef auf seiner täglichen Pressekonferenz.

Während die rechte Opposition die Regierung für die Gewalt verantwortlich macht, warnte López Obrador davor, Mexiko als ein überwiegend gewalttätiges Land darzustellen. Seine Kritik richtete sich auch gegen Äußerungen des Hohen Kommissars der UNO für Menschenrechte, Volker Türk, der Anfang März unter anderen gefordert hatte, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern, um »den illegalen Waffenhandel anzugehen und die Rechenschaftspflicht über transnationale Verbrechen sicherzustellen«. Unabhängig davon sucht López Obrador Unterstützung in den USA. Am Dienstag genehmigte der von Morena dominierte Senat – gegen den Protest einer Minderheit – die Einreise von elf US-Militärs mit Waffen und Munition. Die US-Soldaten sollen bis zum 27. Mai im Land bleiben und in mehreren als »Joint Combined Exercise Training« bezeichneten Übungen Mitglieder der mexikanischen Streitkräfte ausbilden.

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