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Aus: Ausgabe vom 04.04.2024, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
BirTek-Sen

Politisches Urteil

Türkisches Arbeitsgericht straft Gewerkschaft ab
Von Emre Şahin
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Weben zu Niedriglöhnen. Arbeiter und Gewerkschaften, die sich dagegen wehren, werden bestraft (Izmir)

Ganze 80 Tage haben die Beschäftigten von Özak Tekstil in Urfa für ihre gewerkschaftlichen Rechte gestreikt. Währenddessen waren sie Gewalt von seiten der Gendarmerie ausgesetzt, der Gouverneur der Provinz verhängte ein Protestverbot und selbst die Moschee unweit der Fabrik verschloss den Arbeitern die Türen, als sie Schutz vor Regen und Kälte gesucht hatten. Ihr Vergehen? 545 von den 757 Mitarbeiter des Werks waren von der AKP-nahen Gewerkschaft Öz-İplik-İș zur kämpferischen »Vereinten Textil- und Lederarbeitergewerkschaft« (Bİrtek-Sen) gewechselt. Sie hatten genug von Mobbing, Schikanen, nicht ausgezahlten Löhnen und ständigen Überstunden, die der Öz-İplik-İș egal waren.

Wie die linke deutsch-türkische Zeitung Yeni Hayat / Neues Leben am 23. März berichtete, strafte das Arbeitsministerium die Bİrtek-Sen nun deshalb mit 1,5 Millionen Türkischen Lira ab. Laut Ministerium habe die Gewerkschaft die Beschäftigten nämlich zum Übertritt gezwungen. Mit den meisten Arbeitern hatte es noch kürzlich eine außergerichtliche Einigung gegeben, 376 von ihnen bekamen eine Abfindung. Dass die Gewerkschaft jedoch die Beschäftigten organisiert hat und gegen Arbeitszustände ähnlich wie in der Textilbranche von Bangladesch ankämpft – das hat ihnen die islamokapitalistische AKP offensichtlich nicht verziehen. Das Werk produziert für Levis, Zara und Hugo Boss.

Gegenüber dem Nachrichtenportal Artı Gerçek erklärte der Bİrtek-Sen-Vorsitzende Mehmet Türkmen am 22. März: »Diese Entscheidung betrifft nicht nur die Özak-Arbeiter und die Bİrtek-Sen. Jede Gewerkschaft, jeder Gewerkschaftskampf, der nicht prochef und proregierung ist, kann zur Zielscheibe werden.« Türkmen kündigte an, nicht nur rechtliche Schritte gegen diese Skandalstrafe unternehmen zu wollen, sondern den Kampf auch auf der Straße weiterzuführen. Am 26. März rief die Gewerkschaft bereits zu einem ersten Protest vor dem Arbeitsministerium auf.

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