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Aus: Ausgabe vom 02.04.2024, Seite 7 / Ausland
Antikolonialismus

Irland steht an der Seite Gazas

Republikanisches Gedenken an Osteraufstand 1916 im Zeichen der Palästina-Solidarität
Von Dieter Reinisch, Belfast
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»Stoppt das Gemetzel, Waffenstillstand jetzt«: Denkmal für Gaza im nordirischen Belfast (29.3.2024)

Es gibt wohl wenige Gegenden in Europa, in denen die Solidarität mit Palästina größer ist als im nordirischen Westbelfast. Mehrere Stadtviertel wurden von republikanischen Aktivisten zu »apartheidfreien Zonen« erklärt: Geschäfte nahmen in Israel produzierte Waren aus den Regalen. Diese Art der Solidarität dominierte auch die diesjährigen republikanischen Osterfeierlichkeiten. Jedes Jahr gedenken Republikaner in ganz Irland des Aufstands gegen die britische Kolonialmacht 1916. Er wurde zwar nach einigen Tagen niedergeschlagen, doch das Datum gilt als zentraler Wegpunkt im Unabhängigkeitskampf auf der Insel.

Die Präsidentin von Sinn Féin (SF), Mary Lou McDonald, sprach in Arbor Hill, einem Stadtteil von Dublin. Dabei griff sie die Regierung scharf an. Erst vor kurzem war Leo Varadkar als Regierungs- und Parteichef der konservativen Fine Gael zurückgetreten. Nächste Woche soll ihm Simon Harris im Amt nachfolgen. Doch die Oppositionschefin forderte statt dessen Neuwahlen: »Sie sollen sich der Abstimmung durch das Volk stellen!« Zweites Thema war Palästina: »Freiheit, Freiheit für Palästina«, rief McDonald zum Abschluss ihrer Rede in die Menge.

Auch im nordirischen Belfast war die Solidarität mit Palästina bei allen republikanischen Veranstaltungen gegenwärtig. An der Falls Road in Westbelfast und dem dort gelegenen Milltown-Friedhof finden am Ostersonntag regelmäßig die wichtigsten Gedenkmärsche statt. Bei strahlendem Sonnenschein und warmem Wetter versammelten sich knapp tausend Unterstützer am zentralen republikanischen Monument zur SF-Veranstaltung. Joe Austin von der Belfast National Graves Association begrüßte die Menge, unter der sich auch der ehemalige SF-Präsident Gerry Adams befand.

Hauptredner war der nordirische Parlamentsabgeordnete Conor Murphy: »Immer mehr Menschen sehen Sinn in einer Wiedervereinigung. Ein Referendum dazu soll es vor dem Ende des Jahrzehnts geben.« Skeptisch wurde das bei der Gedenkveranstaltung des Republican Network for Unity (RNU) gesehen. Die Veranstaltung der linksrepublikanischen Gruppe, die als politischer Arm von Óglaigh na hÉireann (Freiwillige Irlands) gilt, leitete am Vormittag die Serie der Märsche ein: »Wir brauchen die Vision einer neuen Zukunft. Es gibt bessere politische Systeme als hier«, betonte der Vorsitzende Eddie Quinn aus Newry. Eine Vereinigung auf Grundlage des derzeitigen kapitalistischen Systems könne von Republikanern nicht gewünscht werden.

Vor zwei Jahren hatten vier vermummte Mitglieder der Óglaigh na hÉireann eine Rede bei der Veranstaltung des RNU zu Ostern gehalten und dabei neuerworbene Schusswaffen gezeigt. Auch dieses Jahr wurde unterstrichen, dass revolutionäre Linksrepublikaner weiterhin den Kampf gegen die Teilung Irlands vor den politischen Weg stellen, den SF eingeschlagen hat: »Der Hauptfeind des Imperialismus ist der Widerstand. Es gibt keinen politischen Weg zur Befreiung eines Landes«, hob ein Redner mit Blick auf Irland und Palästina hervor.

Auf der Kundgebung wurden auch Grüße vom »palästinensischen Widerstand in Gaza« verlesen: »Wir hoffen, uns in Jerusalem treffen zu können, wenn es die Hauptstadt Palästinas ist«, hieß es in der Botschaft. »Dort werden wir das Bildnis von Bobby Sands an der Seite der Porträts der Märtyrer der palästinensischen Revolution aufstellen«, war zu vernehmen. Unterzeichnet war die Botschaft an »die Genossen republikanischen Bewegung in Belfast« von der Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas (DFLP), deren bewaffneter Arm Nationale Widerstandsbrigaden seit dem 7. Oktober an den Kämpfen um Gaza teilnimmt.

Eine andere politische Stoßrichtung verfolgte die Irisch-Republikanische Sozialistische Partei (IRSP): Zwar wurde Palästina in den Reden erwähnt, das zentrale internationale Thema war aber die Solidarität »mit dem antifaschistischen Kampf im Donbass«. Zugleich wurde Werbung für das neue Migrationspapier der Partei gemacht. Darin fordert die IRSP restriktive Maßnahmen gegen »junge Männer, die zu uns kommen, von denen aber niemand weiß, wer sie sind«. Seit Jahren ist die ehemalige marxistische Partei auf diesen rechten Zug aufgesprungen.

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