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Aus: Ausgabe vom 27.03.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Energie und Abschreckung

Sunak setzt auf Atomkraft

Britische Regierung stellt nationale Strategie für Ausbau von Militär- und Nuklearenergie vor
Von Dieter Reinisch, Belfast
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Er soll die nukleare Abschreckung untermauern und den Haushalten »billigere und zuverlässigere Energie« bieten. Am Montag verkündete der britische Premierminister Rishi Sunak einen »nationalen Plan« zum Ausbau der Militär- und Nuklearindustrie. In seiner Rede in der nordwestenglischen Industriestadt Barrow-in-Furness sprach er von einer »florierenden« britischen Wirtschaft und davon, dass die Produktion von Atom-U-Booten enorm ausgebaut werden soll.

Die Atomkraft sei für die nationale Verteidigung und Energiesicherheit von entscheidender Bedeutung, schrieb der Pressedienst des Regierungschefs. Dafür müsse »eine neue Generation britischer Talente« ausgebildet werden, so Sunak. »Die Atomindustrie wächst schnell und benötigt in den nächsten zehn Jahren 50 Prozent mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte.« Mit Hilfe von öffentlichen und privaten Investitionen sollten demnach 40.000 neue Arbeitsplätze in der Nuklearindustrie geschaffen werden. Die Zahl der Doktoranden in Fachwissenschaften und Kernspaltung soll vervierfacht werden, um den notwendigen Innovationsschub durch Forschung zu erzielen.

Mit Investitionen von mehr als 200 Millionen Pfund Sterling (rund 233 Millionen Euro) möchte die britische Regierung im kommenden Jahrzehnt sicherstellen, dass Barrow als Heimat des britischen Atom-U-Bootbaus floriert. In anderen Regionen außerhalb von Barrow sollen sie noch beträchtlicher ausfallen. Wie es in dem Plan mit dem Titel »Defence Nuclear Enterprise Command Paper« heißt, arbeite die Regierung mit der Industrie, darunter BAE Systems, Rolls-Royce, EDF und Babcock, zusammen, um bis 2030 mindestens 763 Millionen Pfund Sterling (890 Millionen Euro) in Infrastruktur, Arbeitsplätze und Bildung zu investieren.

Der Schritt erfolgt vor aufgrund der Sorge einiger ranghoher Militärs über die Höhe der britischen Rüstungsausgaben, wie die Zeitung Independent am Montag berichtete. Demnach hatten Regierungsmitglieder Sunak aufgefordert, die Militärfinanzierung angesichts der verstärkten Involvierung Großbritanniens im Ukraine-Krieg und »Bedenken hinsichtlich der Stabilität im Nahen Osten« auf mindestens 2,5 Prozent des BIP zu erhöhen.

»Die Sicherung der Zukunft unserer nuklearen Abschreckungs- und Kernenergieindustrie ist ein entscheidendes nationales Unterfangen«, erklärte Sunak bei Bekanntgabe des Plans. In einer »gefährlicheren und umkämpfteren Welt« sei die »kontinuierliche nukleare Abschreckung« des Vereinigten Königreichs auf See »wichtiger denn je«. Atomkraft sorge zudem für billigere und sauberere selbst erzeugte Energie.

Der Ausbau der U-Bootflotte ist Teil des AUKUS-Sicherheitspakts, in dessen Rahmen das Land mit den USA und Australien den Erwerb von Atom-U-Booten koordiniert. Nahezu gleichzeitig mit Verkündigung des atomaren Aufrüstungsplans warnte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps im Parlament vor der Gefahr durch China. Sunak hatte die Volksrepublik zuvor als »die größte staatliche Bedrohung für unsere wirtschaftliche Sicherheit« bezeichnet. Großbritannien bereite sich darauf vor, Sanktionen gegen diejenigen zu verhängen, die »vermutlich an der staatlich unterstützten Einmischung (in unsere Wirtschaft) beteiligt sind«, zitierte ihn der Independent.

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