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Aus: Ausgabe vom 27.03.2024, Seite 7 / Ausland
Lateinamerika

Gelassenheit in Caracas

Venezuela: Kandidatenliste für Präsidentschaftswahl steht. USA beklagen schon im Vorfeld Manipulationen, Maduro zuversichtlich
Von Volker Hermsdorf
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Auf dem Weg zur Wahlbehörde: Präsident Maduro ließ seine Kandidatur am Montag registrieren (Caracas, 25.3.2024)

In Venezuela ist am Montag (Ortszeit) die vom Nationalen Wahlrat (CNE) festgelegte Frist zur Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 28. Juli zu Ende gegangen. An diesem Tag werden rund 20 Millionen Wahlberechtigte das Staatsoberhaupt des südamerikanischen Landes für den Zeitraum von 2025 bis 2031 bestimmen. Neben dem amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro von der Vereinigten Sozialistischen Partei (PSUV), der nach seinen Siegen bei den Wahlen 2013 und 2018 eine dritte Amtszeit in Folge anstrebt, registrierte der Wahlrat rund ein Dutzend weiterer Bewerber von unterschiedlichen oppositionellen Parteien und Bündnissen.

Die verschiedenen Fraktionen der rechten Opposition hatten sich allerdings nicht auf einen einzigen gemeinsamen Kandidaten einigen können. Als letzter Bewerber ließ sich am Montag der ehemalige Direktor des CNE, Enrique Márquez, für die Oppositionspartei »Centrados« registrieren. Er stehe für den Wandel in Venezuela, erklärte Márquez. »Wir wollen das venezolanische Volk vertreten, das leidet, das sich über die Korruption empört, das durch die Migration dezimiert wird, das von einem besseren Land träumt«, zitierte ihn die spanische Agentur Efe. Márquez war zwischen 2016 und 2021 unter anderem Abgeordneter des oppositionellen Bündnisses »Mesa de la Unidad Democrática« (MUD) für den Bundesstaat Zulia im Parlament.

Teile jener Opposition, die sich in den vergangenen Jahren noch an gewalttätigen Protesten, Putschversuchen und einer von den USA geförderten Parallelregierung beteiligt und ausländische Sanktionen unterstützt hatte, treten ebenfalls an. Einer ihrer offiziellen Kandidaten ist der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde San Cristóbal im Bundesstaat Táchira, Daniel Ceballos, der für seine Partei »Arepa Digital« und auch die »Voluntad Popular« kandidiert, eine ultrarechte Gruppierung, zu deren Gründern vor der venezolanischen Justiz geflohene Personen wie Leopoldo López und Juan Guaidó gehören. Im Vorfeld der Wahlen stellte sich diesmal allerdings auch die Kommunistische Partei (PCV) gegen Maduro und nominierte mit dem 73jährigen Journalisten und Gewerkschafter Manuel Isidro Molina einen eigenen Kandidaten. Die Kommunisten werfen dem PSUV eine neoliberale, »arbeiterfeindliche, volksfeindliche und antinationale Politik« vor.

Während das Land sich auf den Urnengang im Juli vorbereite, »haben die USA bereits damit begonnen, Misstrauen zu säen und Zweifel am Wahlprozess zu wecken«, warnte das Onlineportal Venezuelanalysis am Montag. »Die Vorgehensweise der US-Regierung folgt einem bekannten Drehbuch: Sie führt eine Kampagne in den Medien und über internationale Organisationen, um die Integrität des Wahlprozesses so unerbittlich in Zweifel zu ziehen, dass das Ergebnis als betrügerisch dargestellt werden kann, egal wie die tatsächlichen Beweise am Wahltag aussehen«, heißt es in dem Beitrag. Es gehe darum, mit Maduro »einen der langjährigsten Gegner der dominanten Rolle Washingtons in der westlichen Hemisphäre von der Macht zu vertreiben«.

Das Kernstück der Wahlbetrugskampagne sei bereits vorhanden. Es gehe um die Disqualifizierung der ultrarechten Oppositionspolitikerin María Corina Machado, der wegen Steuerhinterziehung bereits 2015 das passive Wahlrecht aberkannt und im Juli 2023 für 15 Jahre die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt worden war. Nachdem Machado und ihr Bündnis »Vereinigte Demokratische Plattform« (PUD) kurz vor Ende der Anmeldefrist die 80jährige Historikerin Corina Yoris als mögliche »Ersatzkandidatin« benannt hatten, beklagte diese, dass die Plattform des CNE es ihr angeblich nicht ermöglicht habe, sich als Kandidatin zu registrieren. Laut Yoris solle damit verhindert werden, dass Machado bei den Wahlen repräsentiert sei, auch wenn dies nicht unter ihrem Namen geschehe.

Maduro gibt sich angesichts der zerstrittenen Opposition siegessicher. Im Falle seiner Wahl wolle er die globale Entwicklung im Sinne einer neuen, multipolaren Welt vorantreiben, erklärte er in einem Interview im Rahmen der Telesur-Sendung »Venezuela Decide 2024« am Montag. Er bekräftigte erneut auch seine Hoffnung, dass Venezuela auf dem nächsten Gipfel der BRICS-Gruppe als Vollmitglied des Staatenbündnisses akzeptiert werden würde.

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