4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 26.03.2024, Seite 7 / Ausland
Grenzregime

Todbringender Ärmelkanal

Bericht: Frankreich stoppt gewaltsam Flüchtende
Von Ina Sembdner
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Was nach dem Schiffbruch übrigbleibt: Eine an der französischen Küste angeschwemmte Rettungsweste (Wimereux, 16.12.2021)

Großbritannien zahlt, Frankreich liefert: So lässt sich die gegenwärtige Flüchtlingsabwehr im Ärmelkanal knapp zusammenfassen. Und wie am Wochenende erstmals veröffentlichte Videoaufnahmen zeigen, gehen die französischen Beamten mit aller Härte gegen Asylsuchende vor. Hinzu kommen geleakte Dokumente und Zeugenaussagen, die von Lighthouse Reports in Zusammenarbeit mit Le Monde, The Observer und Spiegel veröffentlicht wurden und belegen, dass die französischen Behörden »aggressive Methoden« gegenüber Flüchtlingsbooten anwenden, darunter das starken Wellengang verursachende Einkreisen bis hin zum Rammen der einfachen Boote oder das Seeuntauglichmachen der Schlauchboote kurz nach dem Ablegen, das die Menschen zur schwimmenden Rückkehr zwingt.

»Sieben Menschen erzählten uns, dass ihre Boote von der französischen Polizei während des Winters auf See zerstochen wurden«, berichtete Lighthouse auf X. Und das Investigativkollektiv kann neben Videos und Zeugenaussagen auch die Beschwerde eines Offiziers der Küstenwache bei der Staatsanwaltschaft anführen. Er beklagt darin, dass eine Besatzung der Nationalen Gesellschaft für Seenotrettung von französischen Beamten angewiesen worden sei, »ein bereits in See gestochenes Schlauchboot mit Migranten zu durchbohren, obwohl die Gefahr des Ertrinkens ›offensichtlich und unmittelbar‹ war«. Offiziell erlaubt ist das nicht. Le Monde verweist auf eine Richtlinie vom 10. November 2022, in der vom zuständigen französischen Präfekten, Marc Véran, festgehalten wurde, dass Einsatzkräften »keine Zwangsmaßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung erlaubt« seien.

Dennoch sterben immer mehr Menschen bei der Überfahrt. Waren es 2023 insgesamt zwölf Ertrunkene, sind es in diesem Jahr bereits neun – zuletzt ein siebenjähriges irakisches Mädchen. Den Einsatz lässt sich Frankreich von London mit 500 Millionen Pfund über einen Zeitraum von drei Jahren versilbern. Das Geld wurde unter anderem zur Finanzierung eines der auf Video festgehaltenen Patrouillenboote verwandt.

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