Gaza: Experten warnen vor unmittelbar drohender Hungersnot

Rom. Angesichts der humanitären Krise in Gaza warnen Experten, dass in Teilen des Küstenstreifens eine Hungersnot unmittelbar bevorstehe. Im Norden des Gebiets werde diese voraussichtlich zwischen Mitte März und Mai eintreten, hieß es am Montag im neuen Bericht der sogenannten IPC-Initiative für die Analyse von Nahrungskrisen. In den vergangenen Monaten habe man eine zunehmende Verschlechterung der Ernährungssituation festgestellt, so die Experten.
UN-Generalsekretär António Guterres sprach mit Blick auf den Bericht von einer »entsetzlichen Anklage«: »Die Palästinenser im Gazastreifen erleben ein schockierendes Maß an Hunger und Leiden«, sagte Guterres am Montag in New York vor Journalisten. »Dieses ist ein komplett menschengemachtes Desaster – und der Bericht macht klar, dass es gestoppt werden kann.« Guterres forderte erneut eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und palästinensischen Kämpfern.
Die Katastrophe könne nur abgewendet werden, wenn sämtliche Zugangsstraßen zum Gazastreifen geöffnet würden, betonte UN-Koordinator Jamie McGoldrick in Jerusalem. Er sprach über Videolink mit Reportern in Genf. Lebensmittelabwürfe oder Schiffsladungen, die er als PR-Aktionen bezeichnete, könnten kaum Abhilfe schaffen. Die UNO habe inzwischen Konvois über die vom israelischen Militär zunächst blockierte Straße in den Gazastreifen bringen können. Aber auch das reiche nicht.
Es gebe keine Vorratslager vor Ort, weil Israel nicht genügend Konvois ins Land lasse. Zudem türmten sich in Lagern in Al-Arisch in Ägypten unweit des Gazastreifens Berge von dringend benötigtem Material. Darunter seien medizinische Güter oder Werkzeug für die Reparatur von Wasser- und Abwasserleitungen. die Besatzungsmacht lasse sie nicht durch, weil sie nach ihrer Ansicht auch anders als für humanitäre Zwecke genutzt werden könnten.
Im gesamten Gazastreifen ist die Bevölkerung nach Angaben der Experten mit einem hohen Maß an akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert. Nicht nur im Norden, sondern inzwischen auch im Süden habe sich die Situation für die Menschen stark verschlechtert, so die Experten. Sollten die Feindseligkeiten nicht aufhören und humanitäre Hilfe nicht bald in großem Umfang die bedürftigsten Menschen erreichen, drohe im schlimmsten Fall auch für den Rest des Gazastreifens die unmittelbare Gefahr einer künftigen Hungersnot.
Der von Israel stark eingeschränkte Zugang der humanitären Hilfe zum und innerhalb des Gazastreifens behindere weiterhin die sichere und gerechte Bereitstellung lebensrettender Hilfe, hieß es weiter. Man klage seit geraumer Zeit über schwerwiegende Einschränkungen bei der Lieferung von Gütern und der Grundversorgung. Als Ergebnis verzichten den neuesten Daten des IPC-Berichts zufolge praktisch alle Haushalte täglich auf Mahlzeiten, und Erwachsene reduzierten ihre Mahlzeiten, damit Kinder essen können. (dpa/jW)
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