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Aus: Ausgabe vom 25.03.2024, Seite 11 / Feuilleton
Literaturbetrieb

Mit Nachsicht

Am Rande der Buchmesse war in Leipzig auch die Litpop wieder da
Von Samsa Henning
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Experte für intime Freundschaften: Ole Liebl

Das kulturelle Leben Leipzigs war in den vergangenen Tagen durch die Buchmesse bestimmt. Dazu zählt auch die von MDR Sputnik veranstaltete Litpop in der Kongresshalle am Zoo. Dort wurde interviewt, gelesen und Musik gehört. Anwesende Autorinnen und Autoren waren unter anderem Sina Haghiri (»Mit Nachsicht«), Ole Liebl (»Freunde lieben«) und Edith Löhle (»Bible Bad Ass«).

Der Psychotherapeut Sina Haghiri verdeutlichte nach einem kurzen Interview, wie der dauerhafte Zugang zu Meldungen über die Weltlage das menschliche Gehirn in ständige Alarmbereitschaft versetzt. Es wird nicht zwischen Brandgeruch und Kriegsmeldung unterschieden, das passiert erst in der bewussten, rationalen Auseinandersetzung mit den Themen. Gelesen hat Haghiri nur ein paar Sätze, aber eindrücklich die Kehrseite des Informationszeitalters aufgezeigt.

Ole Liebl holte das Publikum mit seiner lockeren, sympathischen Art sofort ab. Die Notwendigkeit eines Sachbuchs über intime Freundschaften erschloss sich ihm, als er sich selbst ins Thema einlesen wollte und feststellen musste, dass es dazu nichts gab. So entstand ein Werk über Beziehungen im allgemeinen, die Ehe im besonderen und die sogenannte Freundschaft plus (»friend with benefits«) als etwas dazwischen. Auch Edith Löhle punktete –sowohl im Interview zur Entstehung von »Bible Bad Ass« als auch bei der Lesung selbst. Ihr Roman handelt von einer Journalistin, die während einer Hochphase der Wut aufs Patriarchat in einer Chatgruppe von christlichen »Schwurblerinnen« landet. Die gelesenen Passagen waren perfekt gewählt: Sie handelten von der Wut der Protagonistin, ihrem Ursprung und ihrer Entladung. Der Humor ging dabei nicht verloren, sondern verstärkte das Gesagte – so etwa, wenn die sich im Kopf formenden Widerworte als »geladene Waffe« dargestellt werden.

Dass diese Veranstaltung in den vergangenen fünf Jahren pausieren musste, lag vor allem an dem einen oder anderen organisatorischem Fauxpas. Bei der Wiederauferstehung 2024 hat sich daran wenig geändert. Zum Beispiel bildeten sich beim Betreten und Verlassen der kleinen Säle (die nur eine Tür haben) Staus und Schlangen, die zu großer Unruhe führten, was wiederum den Beginn der eng getakteten Lesungen stark verzögerte. Außerdem war die Akustik im Foyer eher ungeeignet für ein DJ-Set, und auch die Sängerin Mine schien bei ihrem Konzert technische Probleme zu haben: Das mitgebrachte Omnichord war viel zu leise und ging im Arrangement unter.

Insgesamt war es dennoch eine gelungene Party. Wer die mentalen Kapazitäten hatte, konnte von 18 bis vier Uhr lesen, hören, diskutieren und tanzen. Neue Leseanreize gab es allemal.

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