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Aus: Ausgabe vom 25.03.2024, Seite 7 / Ausland
Südostasien

Vietnams Präsident muss gehen

Staatsoberhaupt Vo Van Thuong ist nach Korruptionsvorwürfen zurückgetreten
Von Gerhard Feldbauer
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Wegen angeblicher Korruption gestürzt: Vietnams Expräsident Vo Van Thuong (San Francisco, 15.11.2023)

Im Zusammenhang mit einem schwerwiegenden Korruptionsskandal hat der Präsident der Sozialistischen Republik Vietnam (SRV), Vo Van Thuong, seinen Rücktritt erklärt, wie das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) nach einer Sondersitzung am Mittwoch mitteilte. Auf derselben Sitzung wurde Thuong auch aus dem Politbüro ausgeschlossen. Vo Van Thuong sei ein wichtiger Partei- und Staatsführer und verantwortlich für die Besetzung vieler wichtiger Partei- und Staatsführungspositionen gewesen. Dabei habe es »Verstöße« gegen Vorschriften gegeben, und er sei seiner Verantwortung, ein Vorbild für Parteikader und -mitglieder zu sein, nicht nachgekommen. Das habe »das Ansehen der Partei, des Staates und seiner eigenen Person beeinträchtigt«, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA).

Näheres über die »Verstöße« Thuongs meldete VNA bisher nicht. Sie sollen aus seiner Zeit als Parteichef der Provinz Quang Ngai von 2011 bis 2014 herrühren. Ein Verwandter Thuongs habe damals von einem Immobilienunternehmen, vermutlich mit Schweizer Beteiligung, rund 2,2 Millionen Franken (etwa 2,3 Millionen Euro) entgegengenommen, mit denen für Thuong ein Ahnenschrein errichtet werden sollte.

Das Vorgehen gegen die im Lande um sich greifende Korruption führte in den vergangenen 18 Monaten bereits zum Rücktritt von zwei Präsidenten und zwei stellvertretenden Ministerpräsidenten und zum Ausschluss eines Mitglieds aus dem Politbüro der KPV. Vor Thuongs Rücktritt waren zuletzt auch mehrere Minister entlassen und Gerichtsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen gegen hochrangige Manager eröffnet worden. Die Aufsichtskommission der KPV hat außerdem Disziplinarmaßnahmen gegen mehrere Funktionäre von Provinzkomitees, darunter ein Mitglied des Zentralkomitees, eingeleitet, da sie »gegen Parteivorschriften und staatliche Gesetze zur Verhinderung von Korruption« verstoßen hätten. Meist handelt es sich dabei um ein paar tausend Euro oder US-Dollar, die diese Funktionäre von Managern einstecken.

Schwerste Schäden fügen der Wirtschaft dagegen Korruptionsverbrechen wie das von Truong My Lan zu. Die Vorsitzende der mit Auslandskapital arbeitenden Van-Thinh-Phat-Immobilienholding steht seit Anfang März in Ho-Chi-Minh-Stadt vor Gericht. Wie VNA berichtete, ist die Managerin unter anderem wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern und Verstößen gegen Kreditvergabevorschriften, darunter Fälschung von 916 Kreditanträgen, mit denen sie sich 12,5 Milliarden US-Dollar aneignete (rund drei Prozent des BIP Vietnams), angeklagt. Ein Inspektionsteam der Staatsbank deckte ihre Verstöße, mit denen sie eine Umstrukturierung des staatlichen Instituts vornehmen wollte. Mit Truong My Lan stehen 85 Komplizen vor Gericht.

Prozesse wie dieser verdeutlichen das große Ausmaß der Korruption unter führenden Managern staatlicher Unternehmen, die mit ausländischen Konzernen durch Joint Ventures verbunden sind. Von diesen geht die in der Welt des Kapitals übliche kriminelle Praxis aus. Und es geht nicht nur um milliardenschwere Aufträge, sondern auch darum, den kapitalistischen Sektor der sozialistischen Wirtschaft, der derzeit etwa 40 Prozent umfasst, zum vorherrschenden zu machen. Davon zeugte auch 2018 der Prozess gegen 22 der Korruption angeklagte hochrangige Manager des staatlichen Erdöl- und Gaskonzerns Petrovietnam, die der Annahme von Bestechungsgeldern und der Veruntreuung von Hunderten Millionen Euro bezichtigt wurden. Der Hauptangeklagte Trinh Xuan Thanh, der 500.000 Euro Schmiergeld kassiert hatte, floh vor der Verhaftung in die BRD, wo er Asyl erhielt und seine Auslieferung an Vietnam verweigert wurde. Nach dem Drängen seiner Familie in Hanoi kehrte er, wie er öffentlich erklärte, »freiwillig« zurück, was offizielle Kreise in Berlin nicht davon abhielt, zu behaupten, er sei gewaltsam nach Vietnam verschleppt worden.

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