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Aus: Ausgabe vom 22.03.2024, Seite 5 / Inland
Sozialpolitik

Bündnis für Klimageld

Nach Ampelversagen ökosozialer Protest: Arme erhalten Ausgleichszahlung für gestiegenen CO2-Preis
Von Gudrun Giese
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Unterstützungsleistung: Vielen mit geringem Einkommen steht das Wasser bis zum Hals (Berlin, 30.1.2024)

Immerhin 1.000 Menschen werden demnächst ein Klimageld in Höhe von 139 Euro pro Kopf erhalten. Allerdings nicht von der Bundesregierung, die eine solche Zahlung im Koalitionsvertrag angekündigt hatte, sondern vom Verein »Sanktionsfrei«.

Gemeinsam mit dem Paritätischen Gesamtverband, Fridays for Future, Campact, Oxfam, Robin Wood, ATTAC und weiteren Organisationen startete der Verein seine Aktion am Donnerstag mit einer Pressekonferenz in Berlin. Das ökosoziale Bündnis wolle damit Druck auf die Ampel ausüben, die Einnahmen aus der Kohlendioxid (CO2)-Bepreisung in Form eines Klimageldes an die Bürger zurückzuzahlen. Derzeit kassiere der Staat bereits jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag über den CO2-Preis, den vordergründig zwar die Unternehmen leisteten, tatsächlich aber die Bürger aufbringen müssten, da dieser Posten auf die Verbraucherpreise aufgeschlagen werde. Genau deshalb hätten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Menschen durch die Zahlung des Klimageldes von den gestiegenen Kosten zu entlasten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will allerdings nichts mehr von der Einführung eines Klimageldes in dieser Legislaturperiode wissen.

Dagegen protestierten bei der Pressekonferenz die anwesenden Vertreter aus dem Bündnis. »Die Klimawende ist kein Luxusprojekt. Sie gelingt nur, wenn sie sozial gerecht gestaltet wird«, sagte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Die Bundesregierung habe die Aufgabe, einen sozialen Ausgleich in der Klimapolitik zu schaffen, damit die gesellschaftlichen Spannungen nicht noch größer würden als ohnehin schon. Deshalb sei die sofortige Zahlung des Klimageldes nötig, betonte Schneider. Während das Bundeskabinett die zusätzlichen Steuereinnahmen lieber in die Subventionierung fragwürdiger Großprojekte wie den Aufbau einer Halbleiterfabrik des US-Konzerns Intel bei Magdeburg pumpe, wären sie viel besser im Klimageld angelegt, um Menschen zu entlasten, »die mit den gestiegenen Preisen zu kämpfen haben«, so Helena Steinhaus, Gründerin des Vereins »Sanktionsfrei«. Menschen mit geringem Verdienst verursachten zudem schon heute die geringsten CO2-Emissionen, müssten aber – gemessen an ihrem Einkommen – die höchsten Lasten für den Umbau der Industrieproduktion und Energieversorgung tragen. »Das ist in jeder Hinsicht ungerecht. Diese Menschen müssen wir entlasten«, sagte Steinhaus.

Diejenigen, die Bürgergeld, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen, bekommen nun die Chance, Klimageld vom Bündnis zu bekommen. Bis zum 4. April können Interessenten auf der Webseite von »Sanktionsfrei« nachlesen, wie sie sich bewerben können. Anschließend wird ausgewählt und das Geld ausgezahlt. Nach offiziellen Berechnungen betrüge das Klimageld derzeit pro Person 139 Euro. Mit dem weiter steigenden CO2-Preis müsste auch die Ausgleichszahlung an die Bürger jeweils angepasst werden, erklärte das Bündnis. Denn schon seit dem Jahresbeginn wird eine Tonne CO2 mit 45 statt zuvor 30 Euro berechnet, ab dem kommenden Jahr steigt der Preis auf 55 Euro. Haushalte mit niedrigen Einkommen würden dadurch »grundsätzlich deutlich stärker« belastet als Wohlhabende, bestätigte bei der Pressekonferenz auch Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der soziale Ausgleichseffekt des Klimageldes werde »mit einem steigenden CO2-Preis immer wichtiger«.

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