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Aus: Ausgabe vom 20.03.2024, Seite 16 / Sport
Handball

Mit Kroaten in der Kabine

Das Olympiatableau im Herrenhandball ist komplett
Von Ken Merten
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Kroatischer Handballjubel

Das Teilnehmerfeld für die Olympischen Spiele ist in Sachen Herrenhandball komplettiert. Spanien und Slowenien dürfen im Sommer ins Olympische Dorf in Saint-Denis ziehen, genauso wie Kroatien und Deutschland sowie Norwegen und Ungarn. Letztere setzten sich im nominell härtesten Qualifikationsturnier gegen Portugal und Tunesien durch. Olympische Spiele haben im Profihandball hohen Stellenwert. Nicht nur treten dort die A-Nationalmannschaften mit vollem Aufgebot gegeneinander an, auch haben die Spiele Seltenheitswert, finden Weltmeisterschaften und die Turniere um die Kontinentalmeister doch im Zweijahrestakt, Olympia nur alle vier Jahre statt.

Dementsprechend wenig willkürlich war die Kopplung der Vertragsverlängerung von Bundestrainer Alfreð Gíslason an das Erringen eines Tickets nach Paris. Über den Isländer war viel geredet worden, die Stimmen waren prominent und zahlreich, die nach der Europameisterschaft Anfang des Jahres forderten, man möge den Coach doch direkt weiter binden, zeuge doch ein in der Summe gutes Auftreten der Auswahl des Deutschen Handballbunds (DHB) und ein vierter Platz im Turnier für dessen Qualitäten. Den Verantwortlichen aber schien die Entscheidung nicht leicht zu fallen, richtet die Personalabteilung derzeit doch alle Blicke auf die Heim-WM in drei Jahren.

Nun ist das Thema vertraglich beendet: Der 65jährige bleibt weiterhin an der Seitenlinie der Männernationalmannschaft, vielleicht auch, weil es an konkreten Namen mangelte, die sich als Alternativen angeboten hätten. Ist man aber ehrlich, dann reicht es bei Länderspielen – der Männer wie der Frauen – schon seit Jahren nicht, um Anschluss an der Weltspitze zu halten. Und Spielerinnen und Spieler lassen sich auf dieser Ebene schlecht einkaufen. Während der WM der Frauen Ende letzten Jahres kamen Diskussionen um Pläne des DHB auf, mit Leistungszentren das Heranziehen der Jugend mehr in die Hände des Verbandes zu legen, zum Unmut der Vereine.

Eine Nachwuchshoffnung der Männer zeigte sich beim Olympiaqualifikationsturnier vergangene Woche in Hannover in Bestform: Der 21jährige Renārs Uščins von den Recken spielte vor heimischer Kulisse groß auf, warf schon im ersten Spiel gegen Algerien am Donnerstag zehn Tore und wurde »Man of the Match«. Auch wenn das Endergebnis Souveränität suggerierte – 41:29 siegte man, der achte Sieg im achten Spiel gegen die afrikanischen Vizemeister, die damit ihr 17. Spiel in Folge gegen ein europäisches Team abgaben. Beim Pausenstand von 16:13 für Gíslasons Auswahl – keine Notbesetzung, aber der Krankenstand war der fortgeschrittenen Saison entsprechend hoch – zeigte sich erneut viel Fahrigkeit. Gegen Ende, als der Sieg schon in trockenen Tüchern war, wurde hüben wie drüben das Verteidigen weitgehend eingestellt, die hohe Spieldichte hatte bei den Profis ihren Tribut gefordert.

Zwei Tage darauf wurden in Niedersachsens Hauptstadt erneut die Fingerkuppen eingewachst. Vielleicht noch müde, lag die Mannschaft um Rückraum-Mitte Juri Knorr (Rhein-Neckar Löwen) gegen Kroatien nach 30 Minuten mit 10:16 hinten. Keeper Andreas Wolff (Kielce) sprach später im »Sportstudio« von einer »verschlafenen Anfangsphase«. Gíslason fand in der Pause harschere Worte: »Die besten sechs Kroaten«, so seine Standpauke, säßen mit in der deutschen Umkleide. Die Leistungssteigerung im zweiten Durchgang verhinderte nicht die 30:33-Niederlage. Schon bei der EM hatte man im letzten Hauptrundenspiel mit 24:30 (14:13) den kürzeren gezogen gegen eine bereits ausgeschiedene Enkelgeneration der legendären »Cowboys«, die selbst mit ihrem Abstieg in der Weltordnung hadern.

Auf dem aufsteigenden Ast sind derweil die Österreicher. Endete das Aufeinandertreffen im Januar aus deutscher Sicht mit einem Unentschieden noch mehr als glimpflich, und verpasste das Team des Slowenen Aleš Pajovič auch den Sprung ins Halbfinale, konnte dennoch mit einem achten Platz das Resultat der EM 2020 wiederholt und ein Achtungserfolg erzielt werden.

Gegen die DHB-Auswahl musste am Sonntag ein Sieg her, hatte man doch auch gegen Kroatien verloren (35:29, 16:16) und die Algerier besiegt (41:26, 20:13), dabei aber im Vergleich das schlechtere Torverhältnis aus den Spielen mitgenommen. Dass die Deutschen die umkämpfte Begegnung in der TUI-Arena für sich entschieden (34:31, 18:15), lag nicht zuletzt an ihrem großen Trumpf: Wolff war im Tor in der ersten Hälfte kein wirklicher Faktor. Um so mehr machte der nach dem Seitenwechsel gebrachte U-21-Weltmeister David Späth (Rhein-Neckar Löwen) den Unterschied aus. Wie der Hannoveraner Uščins, der mit seinem achten Treffer des Tages für den Endstand sorgte, ist Späth einer für die Zukunft.

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