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Aus: Ausgabe vom 20.03.2024, Seite 5 / Inland
Bildungspolitik

Kitakrise verschärft sich weiter

Personalnot in Kindertagesstätten nimmt stark zu. Verband fordert bessere Bezahlung für Fachkräfte
Von Gudrun Giese
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Schlagen Alarm: Rund 3.000 Kitabeschäftigte demonstrieren vor dem Berliner Abgeordnetenhaus für mehr Personal und Gehalt (16.11.2023)

Der Bedarf an Kinderbetreuung ist groß. Doch in den Kitas fehlt es an Personal, wie eine neue Studie belegt. Und auch eine Petition, die am Dienstag dem Berliner Abgeordnetenhaus übergeben wurde, zielt darauf ab, »gegen den akuten Personalmangel und den daraus resultierenden Bildungsnotstand in den Berliner Kitas vorzugehen«, so der Landesbezirk der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Die Studie, die der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Dienstag auf dem Deutschen Kitaleitungskongress in Düsseldorf vorstellte, ist das Ergebnis der jährlichen Befragung von Kitaleitungen in Deutschland. Schwerpunktthema der Untersuchung ist die sprachliche Bildung. Gerade diese komme zu kurz, urteilten viele Befragte, denn angesichts des knappen Personalschlüssels in den Kitas gebe es weder Raum noch Zeit für eine individuelle Förderung der Kinder. Gerade die Unterstützung beim Spracherwerb erfordere viel Einfühlungsvermögen. Die Kitaleitungen fordern mehr Sprachfachkräfte, mehr Fortbildungsangebote sowie praxistaugliche Methoden und Materialien. Vor allem eine Ausbildungs- und Einstellungsoffensive in den Kitas sowie eine bessere Bezahlung der Fachkräfte müsse Abhilfe schaffen, sagte der stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende Tomi Neckov.

Mehr als 3.000 Kitaleitungen hatten sich an der Befragung beteiligt, 84 Prozent von ihnen klagten über eine Verschärfung des Personalmangels. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer, die vorwiegend aus Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg kamen, gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mehr als ein Fünftel der Zeit mit weniger Personal gearbeitet zu haben als vorgeschrieben. Von den wissenschaftlichen Empfehlungen für einen guten Betreuungsschlüssel sei die Realität noch weiter entfernt. Die Kitaleitungen gaben zudem an, dass sie den größten Teil ihrer Arbeitszeit für Leitungsaufgaben, also Bürokratie, benötigen. Nahezu alle Befragten, nämlich 95,7 Prozent, stimmten der Aussage zu, dass die hohe Arbeitsbelastung in den Kitas zu vielen Fehlzeiten und Krankmeldungen führt.

Auf »eine umfassende Lösung für den Personalmangel in den Berliner Kitas« zielt die vor dem Berliner Abgeordnetenhaus überreichte Petition ab. Initiiert wurde diese von der Elterninitiative »Einhorn sucht Bildung« sowie den Elternvertretern der Kita in der Steglitzer Filandastraße. Mehr als 33.000 Menschen haben sie unterschrieben, Unterstützung kam von Verdi. Der Senat wird darin aufgefordert, »eine umfassende Lösung für den Personalmangel in den Berliner Kitas« zu finden. Nötig seien dazu deutliche Verbesserungen der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen.

Die Petition verdeutliche, »dass die Eltern die Bedeutung des Personalmangels in den Berliner Kitas erkennen und Lösungen von den politischen Verantwortlichen einfordern«, erklärte Tina Böhmer, die bei Verdi Berlin-Brandenburg für die Berliner Kitaeigenbetriebe zuständige Gewerkschaftssekretärin. »Es ist ermutigend zu sehen, dass auch die Eltern sich zusammenschließen, um den Notstand in den Kitas anzugehen.« Es sei zu hoffen, dass der Berliner Senat diese Stimme ernst nehme und endlich aktiv werde, Schritte gegen den Personalmangel in den Kitas einzuleiten. Die Aktion vor dem Abgeordnetenhaus zeige auch, dass Beschäftigte und Eltern »ein gemeinsames Interesse an gut funktionierenden Kitas« hätten, sagte Verdi-Landesbezirksleiterin Andrea Kühnemann. Der Schulterschluss von Gewerkschaft und Elterninitiativen sei »ein wichtiges Signal, dass wir uns nicht spalten lassen und mit einer Stimme gegenüber dem Senat sprechen«. Der müsse endlich nachhaltige Lösungen präsentieren. Es sei allerhöchste Zeit dafür.

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