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Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 8 / Inland
Politische Gefangene

»Das Thema RAF hat wieder eine politische Dimension«

Vechta: Kundgebung in Solidarität mit Daniela Klette vor der JVA angemeldet. CDU plant Gegendemo. Ein Gespräch mit Ariane Müller
Interview: Annuschka Eckhardt
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Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta: Hier ist Daniela Klette gefangen (28.2.2024)

Zum Tag der politischen Gefangenen haben Sie eine Kundgebung vor der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta, in Niedersachsen angemeldet, die am Sonntag stattfinden soll. Worum geht es Ihnen?

Es geht um die praktische Solidarität mit Daniela Klette, die am 26. Februar in Berlin verhaftet worden ist. Sie ist eine von drei Gesuchten, die angeblich Mitglieder in der Roten Armee Fraktion, RAF, waren, die sich 1998 aufgelöst hat. Sie, Ernst Volker Straub und Burkhard Garweg wurden schon seit über 30 Jahren gesucht. Jetzt ist Daniela verhaftet worden und sitzt in Vechta ein. Deshalb haben wir die Gruppe »Solidarität mit Daniela« gegründet. Es war daher für uns naheliegend, zum Tag der politischen Gefangenen, der jährlich am 18. März begangen wird, eine Kundgebung anzumelden. Wir haben uns deswegen für den 17. März entschieden, weil er auf einen Sonntag fällt, damit auch Leute, die weiter weg wohnen, die Gelegenheit haben, zur Kundgebung zu kommen.

Die Anklage wegen Mitgliedschaft in der RAF ist wegen Verjährung vom Tisch. Warum ist Daniela Klette für Sie dennoch eine politische Gefangene?

Wir stehen in konkreter Solidarität mit all jenen, die in den 70er, 80er und 90er Jahren gegen den Imperialismus gekämpft haben und seitdem kämpfen. Ich gehe davon aus, dass Daniela, wenn sie angeklagt wird, einen politischen Prozess führt. Die Bedingungen, die wir damals in den sechziger Jahren vorgefunden haben, sind nicht nur weiterhin aktuell, sondern die Lage ist im Prinzip noch schlimmer geworden. Wir stehen vor einem dritten Weltkrieg. Ich nenne nur das Stichwort Palästina.

Vechta gilt nicht unbedingt als Metropole. Warum hoffen Sie trotzdem auf eine stabile Mobilisierung?

Medial wurde das Thema groß gefahren, vielleicht erlangt Vechta dadurch mehr Bekanntheit (lacht). Zuständig ist ja erst mal die Staatsanwaltschaft Verden, und in Niedersachsen gibt es zwei Frauengefängnisse. Eine kleine Abteilung in Hildesheim und dann eben die Frauen-Justizvollzugsanstalt in Vechta. Linke im gesamten Bundesgebiet sind durch die großangelegten Fahndungen nach Straub und Garweg und die vielen Wohnungsdurchsuchungen alarmiert und hoffentlich solidarisch. Das sind gute Voraussetzungen für unsere Mobilisierung.

Daniela Klette ist eine vergleichsweise prominente Gefangene. Wie schätzen Sie die Haftbedingungen ein?

Über ihre Haftbedingungen weiß ich erstmal nichts. Das Frauengefängnis in Vechta ist nicht besonders groß, deshalb sind wir felsenfest davon überzeugt, dass sie es mitkriegt, wenn wir am Sonntag diese Kundgebung machen.

Sie sind nicht die einzigen, die an diesem Tag protestieren möchten. Die CDU Vechta hat eine Gegenkundgebung für denselben Zeitraum angemeldet. Was hat es damit auf sich?

Das Thema RAF hat wieder eine politische Dimension bekommen. Die Menschenjagd ist groß. Auch die CDU springt auf den Zug auf, dessen Richtung bürgerliche Presse und Regierung vorgeben. Regierungsmitglieder wie Innenministerin Nancy Faeser von der SPD überbieten sich gegenseitig mit ihrer Hetze gegen »linken Terrorismus«, wie sie es nennen. Die Solidaritätsdemo am vergangenen Samstag in Berlin hat ihnen wohl nicht geschmeckt, jetzt hat die CDU Vechta eine Gegenkundgebung unweit unserer Demonstration angemeldet.

CDU-Wähler und radikale Linke – das könnte eine explosive Mischung sein. Wie möchte die Stadt damit umgehen?

Wir rechnen mit einem sehr großen Polizeiaufgebot. Die CDU macht ihre Gegenkundgebung in der Nähe vom Rathaus, also nicht weit entfernt von unserer Kundgebung vor dem Frauengefängnis. Ich denke mir, das Areal wird massivst geschützt werden, damit bloß keine Konfrontationen entstehen können. Aber wir wollen selbstverständlich auch keine Eskalation. Wir wollen friedlich unsere Botschaft rüberbringen, dass wir einfach solidarisch sind mit Daniela. Das ist, wie gesagt, unser Motto.

Ariane Müller ist Krankenschwester und aktiv in der ­Gefangenensolidarität.
Kundgebung: Sonntag, 14 Uhr, ­Franziskanerplatz, 49377 Vechta

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