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Aus: Ausgabe vom 13.03.2024, Seite 15 / Antifaschismus
Faschismus in Florida

Arbeitertod per Gesetz

USA: Bundesstaat Florida schafft Pflicht zum Schutz von Beschäftigten vor Hitze ab
Von Alex Favalli
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Arbeiter schuftet ungeschützt in der Mittagshitze von Florida (29.5.2019)

Nachdem 2023 als heißestes Jahr seit Messbeginn gebrandmarkt wurde, hat Florida nun den Hitzetod von Arbeitern legalisiert. Am Dienstag vergangene Woche (Ortszeit) hat der Senat in Tallahassee mit einer Mehrheit von 28 zu 11 für ein Gesetz gestimmt, welches es lokalen Arbeitsbehörden verbietet, Unternehmen Schutzmaßnahmen gegen extreme Hitze aufzuerlegen, die über bestehende Vorschriften hinauszugehen. Dazu gehören beispielsweise Wasserpausen oder kurzzeitige Aufenthalte im Schatten für Beschäftigte, die im Freien arbeiten. Dem Gesetz steht diese Woche nur noch die Unterschrift des rechten Gouverneurs Ronald DeSantis im Weg, ehe es im Juli in Kraft treten wird.

Laut den Befürwortern des Gesetzentwurfs werden damit einheitliche Vorschriften eingeführt, anstatt uneinheitliche Regeln im ganzen Bundesstaat zu haben. Die sogenannte Senate Bill 1492 wurde vom Republikaner Jay Trumbull in den Senat eingebracht. Laut ihm besage die Gesetzgebung, dass politische Unterabteilungen nicht »festlegen, anordnen oder anderweitig von einem Arbeitgeber verlangen« können, Waren und Dienstleistungen anzubieten, um »Anforderungen an die Wärmebelastung zu erfüllen oder bereitzustellen«.

Hintergrund für Trumbulls Initiative dürfte wohl sein, dass die Sicherheits- und Gesundheitsbehörde OSHA seit 2020 gegen fünf Unternehmen in Florida Bußgelder in Höhe von mehreren zehntausend Dollar verhängt hatte, nachdem einer ihrer Beschäftigten aufgrund von hitzebedingten Problemen gestorben war. Die weiteren vier Firmen erhielten Strafen, nachdem ihre Beschäftigten mit hitzebedingten Erkrankungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Trotzdem behaupten Kritiker, dass die OSHA nicht genug für den Schutz von Arbeiterinnen und Arbeitern im Freien tue. Betroffene berichteten vor den Abgeordneten über Fälle, in denen ihnen Wasserpausen oder Schatten verweigert wurden, was nach Bundes- oder Landesrecht nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. Tatsächlich sind Bußgelder gegen Unternehmen wegen unsicherer Hitzebedingungen eine Ausnahme und wurden bisher nur dann verhängt, wenn Beschäftigte verletzt oder getötet wurden.

Vom neuen Gesetz werden rund zwei Millionen Arbeiter, hauptsächlich in der Bauindustrie und Landwirtschaft beschäftigt, betroffen sein. »Diese Gesetzgebung ist grausam«, sagte Oscar Londoño, Geschäftsführer der Beschäftigtenvereinigung »We count!«, die sich für eine Hitzeverordnung in Florida einsetzt. »Jedes einzelne Jahr wird es heißer und heißer werden. Das Leben von viel mehr Arbeitern wird in Gefahr sein. Es wird zu Todesfällen kommen, aufgrund dessen, was die Republikaner in Florida diese Woche beschlossen haben.«

Laut Angaben des Gesundheitsamtes von Florida arbeiten bis zu 200.000 Menschen auf den Feldern, 83.000 Landschaftsgärtner und fast 70.000 Bauarbeiter im Freien. Allein im Bezirk Miami-Dade sollen schätzungsweise 300.000 Arbeiter im Freien tätig sein. Doch aufgrund von weitverbreiteter »Schwarzarbeit« ist von einer viel höheren Dunkelziffer auszugehen.

Nach Angaben des Nationalen Wetterdienstes verursacht Hitze jedes Jahr mehr Todesfälle in den USA als jedes andere Wetterereignis. Arbeiter im Freien gehören zu denjenigen, die am stärksten von hitzebedingten Krankheiten und Todesfällen bedroht sind, wenn die Temperaturen in die Höhe schnellen. Zwischen 2011 und 2021 starben laut dem US Bureau of Labor Statistics 436 Menschen aufgrund arbeitsbedingter Hitzeexposition, und auch diese Daten sind vermutlich »stark unterschätzt«.

Der Autor Jeff Goodell, der 2023 sein Buch »The Heat Will Kill You First« veröffentlichte, kommentierte die Senatsabstimmung am Dienstag auf X (ehemals Twitter): »Wahnsinnig, unmenschlich, rassistisch, aber überhaupt nicht überraschend. Der Senat des Bundesstaates Florida hat ein Gesetz verabschiedet, das sicherstellt, dass die Hitze Arbeiter im Freien tötet.« Diese Politik sei »Zeug aus dem 19. Jahrhundert«, so barbarisch wie Kinder in Kohleminen arbeiten zu lassen.

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