junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Mittwoch, 15. Mai 2024, Nr. 112
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 12.03.2024, Seite 11 / Feuilleton
Film

Nackte Kanone, Folge 96: Die Oscar-Verleihung 2024

Von Peer Schmitt
96th_Academy_Awards_81321189.jpg

Am Ende bekam der Film »Barbie« nur einen Oscar. Der für den besten Filmsong ging an »What Was I Made For?« von Billie Eilish und Finneas O’Connell. Die 96. Oscar-Nacht beherrschte »Barbie« aber trotzdem ein wenig. Der in einen pinkfarbenen, pailettenbesetzten Anzug gekleidete Ryan Gosling bahnte sich den Weg zur Bühne und sang zusammen mit einer Chorus Line aus ausschließlich männlichen Performern das Lied »I’m just Ken« aus dem »Barbie«-Film. Gosling wurde (im Scherz) sogar dafür verantwortlich gemacht, dass Preisträgerin Emma Stone die Naht an ihrer eng anliegenden, schulterfreien Louis-Vuitton-Robe aufplatzte. So gut performte Gosling, dass die Nähte platzten. Stone gewann den Oscar als Beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in dem Film »Poor Things«.

Der große Gewinner bei den diesjährigen Oscars war wie erwartet der Film »Oppenheimer«. Das Biopic gewann in insgesamt sieben Kategorien, darunter den prestigeträchtigsten Oscar für den besten Film und den Regie-­Oscar für Christopher Nolan.

Auch an den inzwischen obligatorischen politischen Manifestationen wurde nicht gespart. Man erinnerte kurz an Alexej Nawalny, der Mitte Februar in russischer Lagerhaft gestorben war. Bester Dokumentarfilm wurde die ukrainische Produktion »20 Tage in Mariupol«. Und der Regisseur des Auschwitz-Filmes »The Zone of Interest«, Jonathan Glazer, sagte in seiner Dankesrede für den Oscar als bester internationaler Film, sein Film zeige, »wie die Entmenschlichung zum Schlimmsten führt«. Sowohl die israelischen Opfer des Hamas-Überfalls auf Israel als auch die im Gazastreifen getöteten Palästinenser seien »Opfer dieser Entmenschlichung«.

Die wichtigste Nacktszene wiederum lieferte der Schauspieler und Wrestler John Cena. Sinnigerweise um den Preis für das beste Kostümdesign zu vergeben, kam er nur mit dem Preisumschlag und schlammfarbenen Sandalen bekleidet auf die Bühne. »Kostüme sind sehr wichtig«, sagte der 46jährige lapidar. Korrekt. Moderator Jimmy Kimmel warf ihm rechtzeitig einen schützenden Umhang über.

Kimmel moderierte die Verleihung bereits zum vierten Mal. Als Kommentar zur Nominierung von Sandra Hüller als beste Hauptdarstellerin wies er darauf hin, dass diese in gleich zwei Oscar-Anwärtern mitspielte. In »Anatomie eines Falls« eine mordverdächtige Ehefrau und in »The Zone of Interest« die Ehefrau des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß. Für die Kinobesucher in den USA seien das »sehr schwere Themen«, sagte Kimmel und fügte hinzu: »In Sandras Heimatland Deutschland nennt man das romantische Komödien.«

Es sollte wohl eine Anspielung auf die sprichwörtliche Schwere der Kultur des Landes der Dichter und Denker und Richter und Henker sein. Sandra Hüller aber lächelte, sichtlich gequält, aber sie lächelte. Nun ja, Fritz Lang und Ernst Lubitsch bekamen in ihrem Metier (Regie) auch nie einen Oscar. Sie haben das gemein mit: Alfred Hitchcock, Howard Hawks, Samuel Fuller, Robert Altman, Sam Peckinpah, Stanley Kubrick, Akira Kurosawa, Ingmar Bergman, Jean-Luc Godard, Federico Fellini, Sergio Leone und Charlie Chaplin. Im Grunde fast der ganze Kanon. Allein das wirft schon ein Licht darauf, was der Akademie-Trödel wert ist. Wen kümmert’s schon, was Jimmy Kimmel beschwert.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

Mehr aus: Feuilleton