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Aus: Ausgabe vom 12.03.2024, Seite 1 / Titel
Österreich

Kommunisten machen plus

Triumph der KPÖ als zweitstärkste Kraft bei Wahlen in Salzburg. Kandidat Dankl in Stichwahl
Von Dieter Reinisch, Salzburg
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Strahlender Sieger: KPÖ-Chef Dankl muss jedoch am 24. März noch in die Stichwahl (Salzburg, 10.3.2024)

Politisches Erdbeben bei den Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen im österreichischen Bundesland Salzburg: Großer Gewinner des Wahlabends bei den Gemeinderatswahlen am Sonntag war Kay-Michael Dankl, der Spitzenkandidat der KPÖ plus. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen Jugend konnte 19,4 Prozentpunkte dazugewinnen und landete mit 23,1 Prozent auf Platz zwei. Für die konservative ÖVP ging die Stadt hingegen verloren. Florian Kreibich, Nachfolger von Bürgermeister Harald Preuner, konnte den Absturz um 16 Prozentpunkte auf 20,8 Prozent der Wählerstimmen nicht verhindern. Die von 1945 bis 2019 in Salzburg regierenden Sozialdemokraten konnten dagegen überraschend den ersten Platz zurückholen. Der bisherige SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger erreichte mit 25,6 Prozent den ersten Platz.

Bei der Bürgermeisterdirektwahl war das Ergebnis noch knapper: Auinger 29,4 Prozent, Dankl 28 Prozent. Auch hier blieb der ÖVP-Kandidat Kreibich mit 21,6 Prozent abgeschlagen zurück. Damit kommt es in der Stadt am 24. März zur Stichwahl zwischen Auinger und Dankl. Letzterer möchte die kommenden Wochen für einen intensiven Wahlkampf nutzen, wie er noch am Abend den versammelten Medienvertretern mitteilte.

»Immer mehr Menschen wünschen sich eine sozialere Politik, die nach den Wahlen hält, was sie verspricht«, so Dankl am Sonntag abend. Auch der Wille »von immer mehr Menschen, anders zu wählen«, hätte ihm geholfen. In die Stichwahl geht Dankl mit der Chance, nach Elke Kahr in Graz der zweite KPÖ-Bürgermeister in einer österreichischen Landeshauptstadt zu werden. Dankl ging mit einem zentralen Thema in den Wahlkampf: Wohnkosten. Nur in Tirol sind Immobilien teurer. Aktuell kostet der Quadratmeter in Salzburg 10.600 Euro. Unter der ÖVP-Regierung fiel die Zahl der neugebauten Wohnungen zudem von jährlich 900 auf 400.

Armin Mühlböck von der Universität Salzburg erklärte auf Radio Ö1 den Erfolg der KPÖ plus damit, dass sie »Bürgerservice statt Klassenkampf« machen. Wie in Graz offenbar ein Rezept, das auch in Salzburg von den Wählern goutiert wird.

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Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ewald M. aus Wien (12. März 2024 um 14:19 Uhr)
    Als langjähriger Leser und Genossenschafter der junge Welt erwarte ich mir sowohl fundierte als auch intellektuell ansprechend recherchierte Analysen. Nur mit Qualität in der Berichterstattung werden sich neue Leser:innen gewinnen lassen, denn wo läge sonst der Mehrwert für ein Abo dieser Zeitung jenseits des Inlands, im Ressort »Ausland« Österreich? Auch das Bewerben von Probe-Abos in der Alpenrepublik und darüber hinaus macht uns nur Freude, wenn die Qualität der Texte vor Ort dazu einlädt, sich zur Unterstützung der jungen Welt ohne Furcht und Scham bekennen zu dürfen. Der Artikel von Dieter Reinisch wird dem von der Redaktion selbst vertretenen Qualitätsanspruch leider erneut nicht gerecht: Ohne weiteren Kommentar wird uns Leserinnen und Lesern ein aus dem affirmativen Politikbetrieb knapp zitiertes »Bürgerservice statt Klassenkampf« als Rezept der KPÖ in Salzburg und Graz verkauft. Dabei konnte in dieser Zeitung noch im Dezember letzten Jahres unter dem Titel »Übereinstimmung von Wort und Tat« ein Interview von Redakteurin Barbara Eder mit dem Grazer Stadtrat Robert Krotzer nachgelesen werden, in welchem das sehr konkrete Politikkonzept der Steiermark durch substanzielle Fragestellungen gut erörtert wird. Spannend für die bundesdeutsche Leserschaft wäre es sicherlich zu erfahren, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten das aktuelle Salzburger Modell und die steirische »Vorlage« haben. Darüber hinaus gibt es auch in Wien und anderen Bundesländern durchaus eigenständige politische Konzepte, die bisherige Parteistrategien selbstständig weiter entwickeln. Auch die Arbeiterkammerwahlen in Österreich bedürften einer relevanzbezogenen, journalistischen Begleitung. Da diese gesetzliche Interessenvertretung in der Bundesrepublik außerhalb von Bremen und dem Saarland inexistent ist, bietet sich hier durchaus die redaktionelle Option aus dieser einzigartigen Institution und ihrer demokratischen Verfasstheit europaweit relevante Berichterstattung abzuleiten.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. März 2024 um 09:58 Uhr)
    In der Wiener Staatsoper fand vor zwei Wochen die Premiere von George Orwells »Animal Farm« statt, einer Fabel über die totalitäre Diktatur. Die Staatsoper bewarb die Aufführung mit dem Slogan »Die Schweine ergreifen die Macht, und du schaust zu«. Es ist anzunehmen, dass dieser Slogan nicht auf die aktuellen politischen Entwicklungen im österreichischen Wahljahr abzielt. Die kommunistische Wiedererstarkung in Österreich scheint sich fortzusetzen. Nach Erfolgen bei den steirischen Landtagswahlen, den Grazer Gemeinderatswahlen und der Salzburger Landtagswahl im Vorjahr steht nun möglicherweise ein noch größerer Erfolg bei der Wahl in Salzburg-Stadt bevor. Kay-Michael Dankl könnte in die Stichwahl kommen. Er verkörpert den neuen »Austro-Marxismus« mit einem freundlichen Antlitz, ist eloquent und konzentriert sich mehr oder weniger auf ein Thema: das Wohnen. Seine Partei trägt den Namen KPÖ plus. In Graz begnügt man sich mit einer simplen KPÖ. Die neutralen und NATO-freien Österreicher zeigen, dass eine Alternative nicht zwangsläufig rechts sein muss. Ein beispielhafter Beweis!

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