4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 11.03.2024, Seite 1 / Inland
Altersarmut

Ostrentner abgespeist

Nur selten Geld für Rentner mit DDR-Ansprüchen. Pellmann bezeichnet Härtefallfonds als Hohn
Von Raphaël Schmeller
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Bisher haben nur 552 Menschen mit verlorenen Ansprüchen aus DDR-Zeiten Geld aus dem Härtefallfonds erhalten

Nach dem Anschluss sind viele Rentenansprüche aus DDR-Zeiten weggefallen. Wer davon betroffen und heute arm ist, konnte Geld aus einem Sondertopf beantragen. Doch nur wenige hatten dabei Erfolg, wie jetzt aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Sören Pellmann (Die Linke) hervorgeht, über die dpa am Sonntag berichtete. Demnach haben bisher nur rund 550 Menschen mit verlorenen Ansprüchen aus DDR-Zeiten Geld aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner erhalten. Rund 2.800 Anträge wurden dagegen abgelehnt. Insgesamt sind mehrere zehntausend Anträge gestellt worden.

Der mit 500 Millionen Euro ausgestattete Fonds war für drei verschiedene Gruppen eingerichtet worden: Spätaussiedler, sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion und Menschen mit bestimmten Rentenansprüchen aus DDR-Zeiten, die 1991 nicht in das bundesdeutsche System überführt wurden.

Nach Angaben des Bundessozialministeriums sind 167.256 Anträge eingegangen. Aus den östlichen Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kamen demnach 33.198 Anträge. 3.364 Anträge aus der Gruppe »Ost-West-Rentenüberleitung« seien bis zum 23. Februar entschieden worden, hieß es. Demnach gab es 552 Zusagen und 2.812 Ablehnungen, weil Voraussetzungen nicht erfüllt waren.

Pellmann kritisiert dies. Aus seiner Sicht müssten bis zu 500.000 ehemalige DDR-Bürger entschädigt werden. Der Linke-Politiker nannte den Härtefallfonds deshalb einen Hohn: »Er lässt viele ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner im Stich, die jahrzehntelang in der DDR gearbeitet haben und nun mit einer niedrigen Rente auskommen müssen. Die Kriterien für die Bewilligung müssen gelockert werden, so dass aus dem gescheiterten Härtefallfonds endlich ein Gerechtigkeitsfonds entsteht.« Der Bundesregierung warf er vor, kein Interesse daran zu haben, Ungerechtigkeiten aus der Rentenüberleitung Ost-West auszugleichen. »Sie verschleppt und verweigert die Lösung dieses Problems, das seit 30 Jahren besteht«, kritisierte Pellmann.

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  • Leserbrief von Arvid Loerke aus Oranienburg (11. März 2024 um 13:38 Uhr)
    Ich würde mal genauer wissen wollen, welche Ansprüche aus der DDR-Rentenversicherung gestrichen worden sind. Es braucht keinen Härtefonds, es ist ganz einfach rechtswidrig und verstößt gegen das Rückwirkungsverbot, wenn rechtmäßig (nach den Gesetzen der DDR) erworbene Ansprüche, mal ebenso gestrichen werden können. Die Forderung nach einem Härtefonds würde diesen offenkundigen Raub von Ansprüchen, einen Anschein von Legitimität verleihen. Ich habe es schon an anderer Stelle geschrieben, der sogenannte Rechtsstaat ist eine Illusion. Es gibt kein Recht, das quasi unangefochten über den realen Herrschaftsverhältnissen schwebt. Frei nach Marx: Das herrschende Recht ist immer nur das Recht der Herrschenden.

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