4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 09.03.2024, Seite 6 / Ausland
Wahlen in Portugal

Rechts liegt vorne

Parlamentswahlen in Portugal: Konservative Kräfte führen
Von Carmela Negrete
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Der rechtskonservative Luis Montenegro gibt sich siegessicher (Lissabon, 8.3.2024)

Seit dem vergangenen Sonntag finden die Wahlen in Portugal statt. Es gibt dieses Mal zwei Wahltermine – den vergangenen Sonntag und am 10. März. Damit soll der hohen Wahlenthaltung begegnet werden. Die Spitzenkandidaten sind eher weniger bekannt. Die mangelnde Motivation, zur Wahl zu gehen, wundert wenig. Das Land steckt in einer Dauerkrise: hohe Mieten, niedrige Löhne und die Last der Inflation. Die Wahlen wurden notwendig, nachdem die Regierung des sozialdemokratischen Premierministers António Costa wegen eines Korruptionsskandals zurückgetreten war. Staatspräsident Rebelo de Sousa hatte daraufhin das Parlament aufgelöst.

Laut aktuellen Umfragen führt die vom rechtskonservativen Partido Social Democrata (PSD) dominierte Wahlkoalition Alianza Democrática mit dem Juristen Luís Montenegro als Spitzenkandidaten. Zusammen mit den fünf Prozent der Liberalen von der Iniciativa Liberal überzeugen die Konservativen 37 Prozent der Wähler. Dieser Wert verspricht allerdings keine sichere Regierungsmehrheit. Der PSD hat den Wählern gleichwohl versprochen, nicht mit den Ultrarechten von der Partei Chega zu koalieren. Zu beachten ist allerdings, dass laut einer Umfrage im Auftrag der Tageszeitung Expresso vom 1. Februar rund 16 Prozent der Wähler immer noch nicht wissen, wen sie wählen werden.

Die Sozialdemokraten vom Partido Socialista (PS) stellen mit 29 Prozent Wählerzuspruch die zweitstärkste Kraft. Spitzenkandidat ist Volkswirt Pedro Nuno Santos. Die extreme Rechte von Chega (übersetzt: »Es reicht«, eine Abspaltung vom PSD im Jahr 2019) hat nach jüngsten Prognosen an Zustimmung gewonnen und könnte etwa 20 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Ihr Vorsitzender, der Rechtswissenschaftler André Ventura, führte seinen Wahlkampf mit dem Versprechen, dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva den Zugang nach Portugal zu verweigern sowie den spanischen Sozialdemokraten Pedro Sánchez nur im Notfall ins Land zu lassen. In einem Interview vom 5. März im öffentlich-rechtlichen Fernsehen RTP gab Ventura an, »altbewährte« Mitglieder des PSD hätten ihm gesagt, sie wollten mit Chega koalieren.

Der linke Bloco de Esquerda (BE) wird bei etwa sieben Prozent der Stimmen gesehen. Spitzenkandidatin Mariana Mortágua appellierte vor allem an die Wählerinnen, da aus ihrer Sicht die politische Rechte im Land eine Wahlkampagne gegen die Frauen führe. Chega hat sich nämlich, neben der bekannten Hetze gegen Migranten, für ein Verbot der Abtreibung ausgesprochen. »Ich habe gesehen, wie die Rechte eine Kampagne begonnen hat, bei der die Frauen angegriffen werden, eine Kampagne, nach der die Freiheit der Frauen eingeschränkt werden soll, die Rechte der Frauen rückgängig gemacht werden sollen. Die Frauen in Portugal sind hier, um nein zu sagen, um das nicht zu akzeptieren«, sagte sie. Es gebe Rechte, die erkämpft worden und die auch zu verteidigen seien, so Mortágua.

Das andere linke Wahlbündnis, die Demokratische Einheitskoalition (CDU), bestehend aus der Kommunistischen Partei (PCP) und den portugiesischen Grünen (PEV), käme nach Erhebungen der Demoskopen wohl nur auf drei Prozent. Der Generalsekretär des PCP, Paulo Raimundo, erklärte am Dienstag auf einer Wahlkampfveranstaltung in Lissabon, die Partei verkörpere »die Kampfkraft und den Widerstand, der sich 48 Jahre lang dem faschistischen Ungeheuer entgegengestellt hat«. »Wir haben diesen wunderbaren Teil unserer Geschichte, den 25. April, ermöglicht«, so der frühere Gewerkschafter. »Deshalb sagen wir denen, die sich um die Rechte sorgen, dass hier die Kraft, die Sicherheit und der sichere Hafen für diesen Kampf ist«. Carvalho da Silva, früherer Generalsekretär des PCP, stand an seiner Seite und sekundierte: »Es gibt eine objektive Realität: Die Portugiesische Kommunistische Partei, in der ich viele Jahre aktiv war und die ich gut kenne, steht auf festem Grund vor einem markanten Hintergrund, der im Kampf der Arbeiter benötigt wird. Dieser Kampf wird sehr schwierig sein.«

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