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Aus: Ausgabe vom 08.03.2024, Seite 16 / Sport
Eishockey

Keine geschlossene Gesellschaft

In der 30. Spielzeit der DEL sorgt auch der Abstiegskampf für Spannung
Von Andreas Müller
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Hoffnung auf den direkten Aufstieg: Die Kassel Huskies im Spiel gegen die Starbulls Rosenheim (1.3.2024)

Die Sache scheint entschieden: Bereits vor dem 52. und letzten Vorrundenspieltag in der Jubiläumssaison der Deutschen Eishockeyliga (DEL) ist die Hackordnung im Feld der 14 Teams klar. Im direkten Duell bleibt den Berliner Eisbären und den Cracks aus Bremerhaven lediglich noch zu klären, wer in der 30. DEL-Eiszeit als Primus in die anschließenden Play-offs einziehen wird. Ebenfalls dabei sind Straubing, Wolfsburg, München und die Schwenninger Wild Wings. Um die letzten beiden freien Plätze für die Play-offs werden die Kölner Haie, die Mannheimer Adler, Ingolstadt und Nürnberg streiten. Im spannenden Kampf gegen den Abstieg heimsten Düsseldorf, Main-Frankfurt und Iserlohn zuletzt so viele Punkte ein, dass sie, egal wie am Freitag gespielt wird, vor den Augsburger Panthern sicher sind.

Die Augsburger müssen nun also wie im Vorjahr bis weit in den April hinein bangen. So lange, bis die zweite Liga ihren Meister ermittelt hat, der aus Panther-Perspektive – wie 2023 die Ravensburg Towers – hoffentlich nicht aufstiegsberechtigt sein wird. Denn nach oben klettern darf nach Reglement nur der Champion der zweiten Liga, und auch nur dann, wenn er bereits vor Saisonbeginn einen Scheck über 816.000 Euro und weiteren Unterlagen für das DEL-­Lizenzierungsverfahren hinterlegt hat. Von den Play-off-Teilnehmern des Unterhauses erfüllen die Voraus­setzungen dieses Jahr nur die Krefelder Pinguine und die Kassel Huskies.

»Es ist unser klares Ziel, wieder in die DEL zurückzukehren und wir haben die Unterlagen dafür fristgerecht eingereicht«, erklärt Huskies-Pressesprecher Lukas Thier gegenüber jW. Doch sportlich sei dieses Vorhaben nach wechselvoller Geschichte mit dem DEL-Abstieg 2006, dem Comeback 2008, der Insolvenz 2010 mit anschließendem Neubeginn in der Hessenliga sowie dem Aufstieg in die zweite Liga vor zehn Jahren.

Mit dem Konstrukt einer Liga als Kapitalgesellschaft beschritt das deutsche Eishockey in den 90ern neue Wege. Was im Unterschied zu vorangegangenen Bundesligazeiten nur noch vereinzelt zu wirtschaftlichen Pleiten führte. Zu Insolvenzen kam es in Frankfurt am Main und Schwenningen oder zum Ende der »Freezers« am Standort Hamburg. »Einen Rückzug mitten in der Saison hat es mit Kaufbeuren nur ein einziges Mal in der DEL-Geschichte gegeben, gleich am Anfang sozusagen als Bundesliganachwehe. Seitdem bis heute nicht wieder«, konstatiert Gernot Tripcke, von Beginn an DEL-Geschäftsführer.

Dem Vorbild der Eishockeyliga folgten in der BRD später andere Teamsportarten. Die Basketballbundesliga GmbH wurde 1996 gegründet, die Deutschen Fußballiga GmbH 2000 und die Handballbundesliga GmbH 2004. In einem ersten Schritt wurde vor 30 Jahren der frühere Bundesligaspielbetrieb zunächst in die DEL GmbH ausgegliedert, die noch dem Deutschen Eishockeybund (DEB) gehörte. Zur Saison 1997/98 folgte der zweite Schritt. Seitdem gehört die Liga den Klubs, deren Gesellschafter sie sind.

Mit dieser Maßnahme wollten die Klubs nach dem Vorbild der nordamerikanischen Profiliga NHL zugleich eine »geschlossene Gesellschaft« ohne Ab- und Aufsteiger sicherstellen. »Dieser grundsätzliche Gedanke war damals auch deswegen wichtig und sehr naheliegend, weil in dieser Phase eine ganze Reihe von Eisstadien modernisiert wurden und zugleich hochmoderne große Eishallen komplett neu entstanden oder in Planung gewesen sind. Das hat unseren Sport in vorher nicht gekannte Sphären geführt. Mit der Zusicherung, dass es sportlich keinen Absteiger gibt, haben wir den Investoren an den einzelnen Standorten Planungssicherheit gegeben. So mancher Bürgermeister hätte sich ansonsten vielleicht anders entschieden«, so Tripcke gegenüber jW.

Inzwischen sei auch die zweite Liga der DEL »professioneller aufgestellt« und »der Unterbau stabil genug«, so dass man einen Kooperationsvertrag unterzeichnet und vereinbart habe, wieder sportliche Durchlässigkeit zuzulassen. Seit 2018 sorgt deshalb – mit Unterbrechung durch Corona – nicht nur der Kampf um den Titel für Spannung, sondern auch der gegen den Abstieg. Und ist bisweilen spannender als das Rennen um die Meisterschaft.

Auf diese Spannung würden die Panther aus Augsburg derzeit lieber verzichten. »Andererseits haben sie noch eine zweite Chance, drinzubleiben, wenn Kassel oder Krefeld in der zweiten Liga nicht Champion werden«, versucht ­Tripcke aus der DEL-Zentrale in Neuss nahe Düsseldorf etwas Trost zu spenden. »In anderen Sportarten wäre Augsburg in dieser Situation am Tabellenende schon definitiv abgestiegen. Bei uns ist das anders.«

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