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Aus: Ausgabe vom 07.03.2024, Seite 16 / Sport
Rodeo

Kinderstars

Bullenreiten in Indianapolis, Indiana
Von Maximilian Schäffer
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»Der Junge bleibt einfach immer auf dem Bullen, egal was kommt«: Der junge Clay Guiton bereits in seinem Element (2015)

Eine Kurzdokumentation mit dem Namen »Rank« aus dem Jahr 2019 gibt Einblicke in die Jugend eines Bullenreiters. Bereits im Kindesalter reitet der Bauernsohn auf Ziegen, Eseln, Kälbern, Sofas, alles was ihm zwischen die Beine kommt. Später bricht ihm ein Bulle mit 13 Jahren fast den Nacken. Protagonist ist der mittlerweile 18jährige Clay Guiton aus North Carolina. Er hat es tatsächlich weit gebracht im Rodeosport, bestreitet in diesem Jahr seine erste Saison als Vollprofi in der Königsklasse der Organisation »Professional Bull Riders«. Guiton scheint das Star-Gen zu besitzen. Das attestiert ihm auch der »Größte aller Zeiten«. J. B. Mauney, zweifacher Champion und Rekordpreisgeldträger, berief Guiton in sein Team mit der Begründung: »Der Junge bleibt einfach immer auf dem Bullen, egal was kommt.«

Große Ehre schmeichelt dem Ego. Tatsächlich ist es faszinierend mitanzusehen, wie mental robust der gerade einmal volljährige Guiton scheint. Freudiger Ehrgeiz im sommerbesprossten Gesicht, aber niemals Frust, wenn er dann doch einmal vom Buckel des Viehs fliegt. Sein bester Kumpel John Crimber hingegen, ebenso Kinderstar, tritt gerne einmal gegen Banden und Helme. Crimber befindet sich aktuell auf Platz zwei (582,33 Punkte) der Weltrangliste hinter Cassio Dias (858,83). Die beiden goldenen Reiter, Crimber und Dias, sind aktuell allerdings verletzt und humpeln durch die Manege. Weil Schonfristen in den USA nur für wertvolle Tiere und Tote gelten, schwangen sich die Invaliden vergangenes Wochenende in Indianapolis mit schmerzverzerrten Gesichtern aufs hopsende Mannkalb.

Indiana ist das bravere Michigan. Obwohl ebenso im Rostgürtel gelegen und mit Stahl- und Autoindustrie durch höchste Höhen und tiefste Täler gegangen, beschränken sich die wirklich desolaten Zustände hier auf einige wenige Städtchen wie das berüchtigte Gary im äußersten Nordwesten am Ufer des Michigansees. Dort wurde Michael Jackson geboren, heute darf man in Gary froh sein, wenn man nicht auf offener Straße stirbt. Indianapolis ist das gesündere Detroit. Familien ziehen dorthin als stabilere und ruhigere Alternative zu Kalifornien.

Knapp 15.000 Hoosiers, so der Name für die Bewohner Indianas (von dem niemand so recht weiß, woher er kommt) hatten sich im Gainbridge Fieldhouse versammelt. Alan de Souza, mit 30 Jahren schon ein wahrer Veteran unter den Jungspunden, kämpfte sich in der ersten Runde an die Spitze des Wettbewerbs mit 87,25 Punkten auf dem Bullen Woody. Als Crimber und Dias beide scheiterten, stand es gut für den Brasilianer, doch schmerzhafte Wendungen kommen beim Bullenreiten binnen eines Augenschlags. Fat Randy, der Name ist Programm, trat De Souza mit den Hufen auf den unbehelmten Schädel. De Souza blieb regungslos liegen. Das Schutzpersonal hatte einiges zu tun, warf Lassos um den Stier­nacken, scheuchte das erregte Tier vom Verletzten weg, bis man ihn aus der Gefahrenzone geschleift hatte. »Gehirnerschütterung« heißt die beruhigende Diagnose. Für De Souza war der Abend jedoch gelaufen, für Crimber und Dias nach buchstäblich hinkenden Leistungen allerdings auch.

Gewinner des Events in Indianapolis wurde mit drei gültigen Ritten der 25jährige Dalton Kasel, dessen Alleinstellungsmerkmal ein Adoptionshintergrund ist, was die Liga regelmäßig subtil erwähnt, um die empathischeren Fans anzufüttern. Clay Guiton rückte mit einem gültigen Ritt auf Air Shift zu 86,75 Punkten auf Platz 17 der Weltrangliste vor. Ob dieses Jahr schon das seinige sein wird, weiß nur der Verletzungsgott. Paian wie »Pein«. Pein wie »pain«.

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