4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 06.03.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Signa

Steuergeschenke für Signa

Österreich: Benko-Konzern Gegenstand von Cofag-Untersuchungsausschuss. Finanzamt Innsbruck im Visier
Von Dieter Reinisch, Wien
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Signa-Milliardär René Benko könnte vom Finanzamt Innsbruck bevorteilt worden sein (Düsseldorf, 2.3.2020)

Bisher ist klar, dass beinahe 19 Millionen Euro Steuergelder durch die österreichische Covid-Finanzierungsagentur (Cofag) an Firmen des Imperiums von Milliardär René Benko geflossen sind. Tritt an diesem Mittwoch in Wien der parlamentarische Untersuchungsausschuss »betreffend Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder« – kurz Cofag-Ausschuss – zusammen, geht es aber um mehr als Geldflüsse an Signa-Töchter. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Hypo-Vorarlberg-Bank mit Sitz in Bregenz fragwürdige Signa-Kredite mit einem Volumen von 131 Millionen Euro abschreiben musste. Benko selbst wird am 4. April vor dem Ausschuss erwartet.

Wie Regionalmedien Austria (RMA) am Sonntag berichtete, steht im Kontext der Geschäfte des Signa-Konzerns eine Bevorteilung durch das Finanzamt Innsbruck im Raum. Dieses soll die Bemessungsgrundlage eines Immobiliendeals der Signa-Holding von 50 Millionen auf 36 Millionen Euro heruntergesetzt haben. Das Finanzamt Wien hatte den Betrag im Jahr 2018 im Zusammenhang mit dem Verkauf des Tuchlaubenkomplexes – ein Wohnkomplex mit Luxuswohnungen unweit des Wiener Stephansplatzes, auch »Goldenes Quartier« genannt – gefordert. Signa hatte seinen Sitz daraufhin nach Innsbruck verlegt, wie die Wochenzeitung Falter berichtete.

Ein Abgeordneter der liberalen Neos forderte nun in einer parlamentarischen Anfrage eine Aufklärung des Vorgangs und weiterer Verwicklungen des Finanzamts. Durch Informanten sei ihm mitgeteilt worden, dass seit Jahren »ein System des strukturellen Machtmissbrauchs hoher Finanzbeamter« in der Innsbrucker Finanzbehörde bestehe, erklärte der Abgeordnete Yannick Shetty auf dem Kurznachrichtendienst X. »Drei Steuerberater aus der Tiroler Hauptstadt sollen darin verwickelt sein«, hieß es weiter.

Stein des Anstoßes war eine Villa im Innsbrucker Stadtteil Igls, die ins Visier der Finanzverwaltung geriet. Das Gebäude sei zur gewerblichen Nutzung vorgesehen und gehöre »zum privaten Stiftungsgeflecht von Signa-Gründer Benko«, konkret: der Schlosshotel-Igls-Betriebs-GmbH mit Sitz in Wien, wie der ORF im Januar berichtete. Nachdem die Finanzverwaltung zwölf Millionen Euro an Umsatzsteuer zurückgefordert hatte, gab die Betreiberfirma demnach bekannt, der Sitz der Gesellschaft sei nach Innsbruck verlegt worden. »Über die Motivlage lässt sich nur spekulieren, allerdings steht der Verdacht im Raum, dass eine wiederholte Bevorzugung und Ungleichbehandlung in der nunmehrigen Finanzamtsdienststelle Innsbruck System haben könnte«, heißt es in der Anfrage des Abgeordneten an das österreichische Bundesjustizministerium.

»Bevorzugungen und Steuerrabatte« wie bei Signa sollen beim dortigen Finanzamt tatsächlich »nur die Spitze des Eisbergs« darstellen, will Shetty nun erfahren haben. Recherchen würden den Verdacht »auf eine Kultur der Ungleichbehandlung innerhalb des Finanzamts Innsbruck« erhärten. »Es zählt hier scheinbar nicht, was man kann, sondern wen man kennt.«

Am Innsbrucker Insolvenzgericht steht in den kommenden Tagen eine Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag der Finanzprokuratur gegen Benko an. Zum ersten Termin am Landesgericht Mitte Februar war die Verhandlung wegen fehlender Unterlagen vertagt worden. Eine Frist zur Vorlage weiterer Nachweise sollte in der Nacht zu Mittwoch auslaufen, berichtete der ORF am Dienstag. Sollte eine tatsächliche Zahlungsunfähigkeit des Signa-Gründers vorliegen, werde Benko womöglich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen.

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