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Aus: Ausgabe vom 06.03.2024, Seite 5 / Inland
Tesla-Werk in Grünheide

Hatz auf »Ökoterroristen«

Brand an Strommast führt zu Produktionsstopp im Tesla-Werk Grünheide. Umweltgruppen distanzieren sich
Von Mawuena Martens
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Die große Schwachstelle: Polizisten am betroffenen Strommast am Dienstag

»Wir haben heute Tesla sabotiert.« Mit diesen Worten hat sich am Dienstag die »Vulkangruppe Tesla abschalten!« zu einem Sabotageakt bekannt. Gemeint war ein Brand an einem Strommast nahe Steinfurt, auf den die Polizei laut eigenen Angaben am Dienstag morgen aufmerksam wurde. Er hatte zu Stromausfällen in mehreren Gemeinden geführt, auch das Tesla-Werk in Grünheide war betroffen. Wie aus einer Pressemitteilung der Polizei Brandenburg hervorgeht, sind Ermittlungen zur Brandursache eingeleitet worden, man gehe von Brandstiftung aus.

In einer Meldung der Presseagentur Reuters war am Morgen von einem »Zelt von Umweltaktivsten« die Rede, das »neben dem brennenden Transformator« von den Einsatzkräften entdeckt worden sei. Doch sowohl »Tesla den Hahn abdrehen«, »Robin Wood« als auch »Tesla stoppen« gaben in Pressemitteilungen an, erst aus den Medien von dem Vorfall erfahren zu haben. »Tesla stoppen« schrieb weiter: »Uns liegen keine Informationen darüber vor, wer oder was für diesen Brand verantwortlich ist. (…) Unsere Art des Widerstands ist eine Wasserbesetzung. (…) Die Wasserbesetzung ist solidarisch mit den Arbeiter*innen bei Tesla und den Anwohner*innen. Wir bedauern, dass viele Menschen in der Region von dem Stromausfall betroffen waren und sind.« Auch die Organisation »Robin Wood« stellte klar: »Jeglichen Zusammenhang mit Aktivitäten von Robin Wood weisen wir entschieden zurück.«

Aktivisten von »Tesla stoppen« und »Robin Wood« hatten in der vergangenen Woche einen Forst neben dem Werksgelände besetzt und darauf Baumhäuser errichtet. Das Waldstück gehört der Gemeinde Grünheide, soll aber an den Autohersteller verkauft werden. Dieser will den Wald roden und seine Fabrik weiter ausbauen. Mit der Protestaktion soll der Ausbau verhindert werden. Begründet wird das mit den negativen Folgen für die Trinkwasserversorgung der Region, den schlechten Arbeitsbedingungen in dem Werk und den Auswirkungen, die der Abbau wichtiger Rohstoffe für den Batteriebau in den Abbauländern des globalen Südens hat.

Kurios am Bekennerschreiben der »Vulkangruppe«: Es ist die Rede von »Tesla in Grünau«, dabei steht die Fabrik in Grünheide. Bereits seit mehreren Jahren werden Bekennerschreiben nach Sabotageakten auf Bahntrassen, Funk- und Strommasten unter diesem Namen veröffentlicht. So wurde 2021 ein Schreiben auf Indymedia.org hochgeladen, in dem die »Vulkangruppe« angibt, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Baustelle verübt zu haben. 2019 hatte es ein ähnliches Schreiben zu einem Brandanschlag auf einen Kabelschacht der Berliner S-Bahn gegeben. Zweifel an der Urheberschaft »linker« Aktivisten äußerte damals auch die Bezirksbürgermeisterin des Berliner Stadtbezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen). Es könne sich dabei um einen Akt der Diskreditierung der Bewegung – gemeint war damals Friday for Future – handeln.

Die brandenburgische Politik ließ sich nur wenige Stunden nach Bekanntwerden des Vorfalls zu drastischen Aussagen hinreißen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verurteilte ihn als »Form von Terrorismus«. Auch der brandenburgische Innenminister Michael Stübgen (CDU) sprach von einem »perfiden Anschlag«, der Rechtsstaat werde auf einen solchen Sabotageakt »mit aller Härte« reagieren. Und Tesla-Chef Elon Musk schrieb auf X: »Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt, oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben.«

Bei einer Pressekonferenz des US-Autoherstellers am Nachmittag gab Werksleiter Andre Thierig bekannt, die Produktion werde noch mehrere Tage lang stillstehen. Dem Konzern entstehe dadurch ein wirtschaftlicher Schaden im hohen neunstelligen Bereich. Dass der Stromausfall zu einem völligen Produktionsstopp bei Tesla geführt habe, sei »eine Lachnummer«, so Thomas Löb, Landesvorsitzender der Ökopartei ÖDP Brandenburg. Dies stimme auch nachdenklich, was Sicherheitsvorkehrungen und Notfallkonzepte des Werks angehe.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (5. März 2024 um 21:59 Uhr)
    Besonders resilient scheint die Fabrik nicht zu sein. Dass Marionetten von Leuten, die keine guten Umweltziele haben, zugange waren, kann ich mir vorstellen. Über die Leute, die die Marionetten (an-)führen, kann man schön spekulieren. Ob die Marionetten V-Leute sind?

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