4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 04.03.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Fokus auf künstliche Intelligenz

Apple und das »Project Titanic«

Konzern stoppt Entwicklung selbstfahrender Autos. Konzentration auf KI-Projekte
Von Alex Favalli
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Ein zum selbstfahrenden Fahrzeug umgebauter Testwagen von Apple im Silicon Valley 2023

Träume platzen meistens, wenn ihre Umsetzung auf eine zu stark widersprechende Realität stößt. Das in etwa dürfte vergangenen Dienstag bei Apple geschehen sein, als den rund 2.000 Beschäftigten mitgeteilt wurde, dass das »Project Titan« eingestellt wird. So nannte der bis vor kurzem noch »wertvollste Techkonzern« die Entwicklung eines autonom fahrenden Fahrzeugs. Das intern genannte »Project Titanic« war 2014 auf Initiative des damals noch neuen Konzernchefs Timothy Cook gestartet und ist nach einem Investment von zehn Milliarden US-Dollar endgültig gescheitert.

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg teilten die Führungskräfte Jeff Williams und Kevin Lynch in einer internen Sitzung mit, dass das Projekt allmählich auslaufen wird und dass ein Teil des Teams in die Abteilung für künstliche Intelligenz (KI) wechseln wird. Diese Mitarbeiter werden sich auf generative KI-Projekte konzentrieren, die immer wichtiger für das Unternehmen werden.

Allerdings umfasst das Autoteam auch mehrere hundert Hardwareingenieure und Fahrzeugdesigner, deren Zukunft innerhalb des Unternehmens mit dem Apfellogo nun in Frage gestellt ist. »Es wird zu Entlassungen kommen, aber es ist unklar, wie viele«, sagten Teammitglieder gegenüber der New York Times (NYT) am Mittwoch.

Grund für diese Entscheidung war wohl, dass Apple noch Jahre davon entfernt war, das Auto funktionsfähig zu machen. Immer wieder wurden verschiedene Entwürfe in Erwägung gezogen, und abgesehen vom Aussehen des Fahrzeugs, war vor allem die Entwicklung der selbstfahrenden Technologie die größte Herausforderung. Zum Jahresbeginn soll die Unternehmensleitung dann beschlossen haben, den Fokus in Richtung generativer KI umzuorientieren. In Interviews mit der NYT am Mittwoch lobten Mitarbeiter die Entscheidung, das Projekt einzustellen, und sagten, dass die Technologie der generativen KI für die Zukunft des I-Phone-Geschäfts von »unschätzbarem Wert« sein könnte.

Denn während die Autoindustrie insgesamt auf immer geringere Gewinnmargen blickt und vor allem die selbstfahrende Technologie auf massentauglicher Skala noch weit entfernt zu sein scheint, boomt das Geschäft der Konkurrenz bezüglich KI seit einiger Zeit. Bei Apple hingegen gibt es dringenden Aufholbedarf in diesem Feld, ist die Spracherkennungssoftware Siri doch immer noch aktuell, aber qualitätsmäßig inzwischen weit unter den neuen Alternativen der letzten Jahre.

Derzeit scheint das ganze Silicon Valley auf Profite mit KI zu wetten. So dachte Open-AI-Gründer Sam Altman vergangene Woche mit Intel Chef Patrick Gelsinger im Rahmen einer Veranstaltung in San José laut über die Entwicklung von Laptops und Smartphones ohne Tastaturen nach, da diese wohl schon bald gänzlich von Spracherkennungstechnologien ersetzt werden könnten. Dabei sprach er explizit von einer KI-gesteuerten Alternative zum I-Phone – und stellte somit klar, für Apple eine direkte Bedrohung werden zu wollen. Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit mit Jonathan Paul Ive, bis 2019 Chefdesigner von Apple und inzwischen CEO von Lovefom, sollen bereits stattgefunden haben.

Die Börse spiegelt die Gefahr wider: Apple, mit einem derzeitigen Jahresumsatz von 400 Milliarden Dollar, wurde vor kurzem von Microsoft als wertvollstes Unternehmen abgelöst. Das liegt vor allem an Microsofts Allianz mit Open-AI und Integration der GPT-Sprachmodelle in firmeneigene Softwareprodukte wie Word oder Excel.

Laut einigen Personen, die mit den Projekten vertraut sind, plane das Unternehmen, das, was es über KI und Automatisierung gelernt hat, auf andere Technologien anzuwenden, die derzeit erforscht werden. Das schließe KI-gesteuerte Air-Pods mit Kameras, Roboterassistenten und erweiterter Realität ein. Ob die Kräfteverlagerung zu den erhofften Erfolgen in diesem Rennen gegen die Zeit führen wird, bleibt derzeit jedoch fraglich.

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