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Aus: Ausgabe vom 02.03.2024, Seite 7 / Ausland
Ukraine-Krieg

Selenskij auf Balkantour

Ukraine-Gipfel in Tirana: Wortreiche Unterstützung, aber keine Waffen. Serbiens Präsident lobt Nichtanerkennung des Kosovo
Von Rüdiger Göbel
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Ukraines Präsident Wolodimir Selenskij kehrt aus Albanien mit leeren Händen heim (Tirana, 28.2.2024)

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij wird zum tragischen Handlungsreisenden des Krieges. Am Mittwoch hat es ihn in die albanische Hauptstadt Tirana verschlagen, wo er für eine gemeinsame Waffenproduktion warb und versuchte, die Unterstützung der Balkanstaaten für seine Vision vom Frieden in der Ukraine zu gewinnen. Albaniens Ministerpräsident Edi Rama begrüßte den Besucher aus Kiew als »Führer des heldenhaften Widerstands«, im Gegenzug gab es für den Gastgeber einen Orden des Fürsten Jaroslaw des Weisen für die Unterstützung der Ukraine. Beide unterzeichneten ein Freundschafts- und Kooperationsabkommen mit der Maßgabe, die Zusammenarbeit zu stärken. In der Sache wurde dies nicht weiter ausgeführt.

»Wir sind an einer Koproduktion mit Ihnen und all unseren Partnern interessiert«, erklärte Selenskij, als er den Staats- und Regierungschefs aus Albanien, Bulgarien, Serbien, Nordmazedonien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kroatien, Moldawien und Rumänien wortreich für die bisherige Unterstützung dankte. Die liegt jedoch bei einem Gros der anwesenden Länder laut dem »Ukraine Support Tracker« des Kieler Instituts für Weltwirtschaft unterhalb des messbaren Bereichs. Obwohl die Ukraine bereits Partnerschaften mit rund 500 Rüstungsunternehmen habe, erklärte Selenskij, reiche das nicht aus, um Russland zu besiegen. »Wir sehen ein Problem bei der Versorgung mit Munition, das sich auf das Schlachtfeld auswirkt. Deshalb sind wir daran interessiert, gemeinsam mit Ihnen und unseren Partnern Munition zu produzieren«, sagte der ukrainische Präsident. »Ich schlage ein gemeinsames Forum für die Verteidigungsindustrie zwischen der Ukraine und den Balkanstaaten vor.«

Gesagt, vertagt. Konkrete Ergebnisse bringt Selenskij nicht mit nach Kiew. Eine gemeinsame, zwölf Punkte umfassende Erklärung ergeht sich in allgemeinen politischen Floskeln und der Zusicherung der Balkanstaaten, sie seien bereit, »sich an der Erholung und dem Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg zu beteiligen«.

Angesichts allzu euphorischer Kurznachrichten Selenskijs auf X über seine Ergebnisse in Tirana betonte Serbiens Präsident Aleksandar Vučić ausdrücklich, mit Kiew keine Vereinbarungen oder Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Waffen oder Munition unterzeichnet zu haben. Die Ukraine sei ein Freund Serbiens und erkenne vor allem die Sezession des Kosovo nicht an, betonte Vučić im Gespräch mit Journalisten. »Die Ukraine hat den Kosovo nirgendwo anerkannt. Ich habe in meiner Rede gesagt, dass die Ukraine eines der wenigen Länder ist, die von territorialer Integrität sprechen können, weil sie die territoriale Integrität eines anderen Landes nicht mit Füßen getreten hat, im Gegensatz zu den meisten anderen, die jetzt ständig davon sprechen.« Es sei von »beispielloser Heuchelei«, so Vučić, wenn »die Präsidentin des sogenannten Kosovo« vor laufender Kamera sage, dass sie für die Achtung der territorialen Integrität eintrete. Er hoffe, »dass wir weiterhin freundschaftliche Beziehungen zur Ukraine aufbauen und gleichzeitig unsere Politik der Freundschaft mit anderen Akteuren aus Osteuropa, einschließlich der Russischen Föderation, fortsetzen werden«.

Auf Druck Serbiens wurde aus der Abschlusserklärung des Tirana-Treffens mit Selenskij eine Bezugnahme auf Sanktionen gegen Russland herausgenommen. Vučić erinnerte daran, dass Serbien in der Vergangenheit selbst fast ein Jahrzehnt lang unter Sanktionen der NATO-Staaten gestanden habe, und bekräftigte, nur ein konstruktiver Dialog und diplomatische Lösungen könnten zum Frieden in der Ukraine führen.

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