Warten auf nächste Bahnstreiks
Von Susanne KnütterDie Verhandlungen, die die Deutsche Bahn AG (DB) und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) seit gut einem Monat »vertraulich« führen, sind ohne Ergebnis abgebrochen worden. »Trotz weitreichender Zugeständnisse« und des Einsatzes zweier Moderatoren, wie die DB am Donnerstag erklärte. Die GDL beharre »dogmatisch auf einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich«.
Genau genommen fordert die GDL die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei gleichbleibendem Gehalt ab 2028. Die DB hatte dies zunächst rundweg ablehnt, später bot sie ein Wahlmodell an. Damit sollten Lokführer auf 37 Wochenstunden heruntergehen können, hätten im Gegenzug aber auf eine Gehaltserhöhung verzichten müssen. Was die beiden Moderatoren, der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (beide CDU), als Kompromisslösung vorgeschlagen haben, war zunächst nicht zu erfahren. Die Bahn wollte sich gegenüber jW am Freitag nicht zu Details äußern. Gewiss ist nur: Der Moderatorenkompromiss hat aus Sicht der GDL nicht ausgereicht.
Beim Entgelt sei der Konzern nach eigenen Angaben zu Abschlüssen bereit gewesen, die mit denen der konkurrierenden und größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) oder jenen des öffentlichen Dienstes vergleichbar seien. Hinzu wäre eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.850 Euro pro Person gekommen.
Die GDL wollte sich zu den gescheiterten Verhandlungen nicht äußern, verwies auf die bis Sonntag vereinbarte Informationssperre und vertröstete alle Neugierigen auf Montag. Sie stellte jedoch fest, dass die DB Interna aus den Verhandlungen an Bild weitergegeben habe – diesem Medium gibt die Gewerkschaft seit Jahren keine Interviews, da es laut GDL »immer tendenziös und vorab schuldzuweisend« berichte.
Wie es in dem Tarifkonflikt nun weitergeht, ist offen. Klar ist nur, dass es ab Montag wieder zu Streiks kommen kann. Angesichts dessen forderte der Fahrgastverband Pro Bahn am Freitag eine Schlichtung. »Die Fahrgäste sind keine Tarifpartner, leiden aber am meisten unter dem Konflikt«, erklärte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. Die Belastungsgrenze sei erreicht. Was vom Verbraucherstandpunkt logisch klingt, ist es aus Lohnabhängigenperspektive allerdings keineswegs: Geht man einmal davon aus, dass die Bahn-Kunden im großen und ganzen Angestellte, Arbeiter, Arbeitslose oder Beamte sind, darf man ein gewisses Interesse an höheren Löhnen und mehr Freizeit – ergo: ein Verständnis für Arbeitsniederlegungen – durchaus unterstellen.
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