4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
Gegründet 1947 Freitag, 3. Mai 2024, Nr. 103
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten 4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
Aus: Ausgabe vom 29.02.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

jW_Leserbriefe_Standart.jpg

Kollektiv ohne Hirn

Zu jW vom 26.2.: »Kiffen ohne Profit«

Genau: Kiffen ohne Profit ist fast so wertvoll wie Klassenkampf und Überzeugungsarbeit. Na, da werden die Kapitalisten ja erzittern, weil wir uns nun doch jetzt kollektiv und hirnlos – ähm … ich meinte natürlich: straflos – berauschen dürfen! Und wenn wir dann bedröhnt in der Ecke rumlungern – ganz friedlich natürlich, wir sind ja gute Staatsbürger –, dann, ja dann fällt mir doch glatt das »Sozialdemokratische Mailiedchen« (1923) von Erich Weinert ein. Warum nur?

Marian Rose, per E-Mail

Internationale der Spießer

Zu jW vom 26.2.: »Kiffen ohne Profit«

Spießer aller Länder, vereinigt euch! Den Gegnern einer Cannabisfreigabe entgegne ich: Wie wäre es denn eurerseits mit einem (hysterischen) Aufschrei gegen Alkohol – der Volksdroge Nummer eins? Dem Vernehmen nach sterben daran mehrere 10.000 Menschen pro Jahr bei uns. Genaue Zahlen kenne ich nicht. Wer kiffen will, soll das tun. Wer Alkohol trinken will, soll das auch tun. Und die externen Effekte zulasten der Gesellschaft möglichst gering halten. Prost! Zum Wohle! »Morgens ein Joint, und der Tag ist dein Freund!«

Paul Vesper, Aachen

»Frieden für alle Zeiten«

Zu jW vom 26.2.: »›Die Ukraine kämpft für uns‹: Stelldichein von NATO-Falken und Bandera-Lobby im ›Café Kyiv‹«

Als im Krieg Geborener kann ich das Kriegsgeschrei – »Kriegsertüchtigung«, Ruf nach der Atombombe, verbale und materielle Unterstützung ukrainischer Faschisten – in Deutschland nicht akzeptieren. Wenn man die Leitmedien liest und hört, dann könnte man auf die Idee kommen, dass die Russen wieder an der Oder stehen. Dabei sind es deutsche Soldaten, die an der Türschwelle von Leningrad stehen. Und es sind deutsche Waffen, die Russen unweit von Stalingrad töten.

Es waren die Deutschen, die – nach dem schlimmsten aller Kriege – klarsichtig die Losung »Nie wieder Krieg« prägten. Es gibt nicht den geringsten Grund, von dieser Erkenntnis abzuweichen. Es gibt allerdings auch in dieser Gesellschaftsordnung Menschen, die (…) für den Frieden eintreten und eintraten. Zu ihnen gehörte John F. Kennedy, hier in seiner Rede vom 10. Juni 1963 vor der American University in Washington, D. C., entnommen dem 2013 erschienenen Buch »JFK. Staatsstreich in Amerika« von Mathias Bröckers, S. 103:

»Ich habe diesen Zeitpunkt und diesen Ort gewählt, um ein Thema zu erörtern, über das zu oft Unwissenheit herrscht und bei dem die Wahrheit zu selten gesehen wird – und doch ist es eines der wichtigsten Themen auf Erden: der Weltfrieden. Welche Art von Frieden meine ich? Nach welcher Art von Frieden streben wir? Nicht nach einer ›Pax Americana‹, die der Welt durch US-amerikanische Kriegswaffen aufgezwungen wird. Nicht nach dem Frieden des Grabes oder der Sicherheit des Sklaven. Ich spreche hier von dem ›echten‹ Frieden – jenem Frieden, der das Leben auf Erden lebenswert macht; jenem Frieden, der Menschen und Nationen befähigt, zu wachsen und zu hoffen und ein besseres Leben für ihre Kinder aufzubauen. Nicht nur ein Friede für US-Amerikaner, sondern ein Friede für alle Menschen. Nicht nur ein Frieden in unserer Generation, sondern ein Frieden für alle Zeiten.«

Auf Seite 77 war Bröckers zu folgender Schlussfolgerung gekommen: »Und wie man die drei zitierten NSAM (National Security ­Action Memoranda) als Sargnägel für die Präsidentschaft und das Leben John F. Kennedys bezeichnen könnte, kann diese Ansprache, die als ›Friedensrede‹ in die Geschichte eingegangen ist, als sein Todesurteil gelten.« Für den Frieden einzutreten, kann im Kapitalismus offensichtlich tödlich sein. (…)

Hans-Hermann Diestel, per E-Mail

»Zweifelhaftes Vergnügen«

Zu jW vom 22.2.: »Ein Fest für Buchmacher, Man Hater besiegt«

(…) Maximilian Schäffer scheint es vollkommen egal zu sein, was dieser »Sport«, Bullenreiten, für die Bullen bedeutet. Vor einigen Jahren hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, für einen Tierschutzverein ein Rodeo im »Eldorado« in Templin zu besuchen. Die Videos und Fotos, die wir aufgenommen haben, haben ausgereicht, um dem Veranstalter dermaßen viel Ärger zu bereiten, dass bis heute kein Rodeo dort mehr veranstaltet wurde. Der Bulle, der dort »vorgeführt« wurde, war so verängstigt, dass er sich zu gut deutsch in der Arena vollgeschissen hat. Und wurde dafür vom Publikum beschimpft und ausgelacht. Aber einem Man Hater kann so was nicht passieren! Das ist ein ›richtiger Kerl‹, mit dem der moderne Cowboy ordentlich kämpfen kann. Wie die Tiere dazu gebracht werden, so wütend und irre zu reagieren, ist dabei natürlich Nebensache. (…)

Ute Rott, Templin

Staatsschulden

Zu jW vom 26.2.: »Die libertäre Versuchung«

Danke für die Information über die Situation im gebeutelten Argentinien. Die Bevölkerung des Landes leidet seit vielen Jahrzehnten unter dem faschistoiden Anarchokapitalismus. Besonders seit 1976, als unter Präsident Jorge Rafael Videla eine Ära der Militärdiktaturen begann und Missliebige aus dem Flugzeug ins Meer geworfen wurden. Die Regierungen in Buenos Aires verschuldeten sich an die USA und EU gegen Zinsen bis zu 21 Prozent per annum. Der Mittelstand und die Abhängigen zahlten die Schuldenraten via Inflation zurück. Die Gesamtschuldensumme aber stieg 1988 auf 56 Milliarden US-Dollar weiterhin an. Sie verschlang so etwa 50 Prozent des Exportes des Landes. Die Regeln des Kapitalismus sind eben so. Die belastende Inflation erreichte Weltniveau mit dreistelligen Prozentsätzen. Ein Moratorium der argentinischen Regierung lehnten die US-Banken ab.

Das unglückliche Land ist unter dem neugewählten Javier Milei weiterhin Quelle des Geldtransfers nach New York, London und Frankfurt am Main. Staatsschulden sind eines der besten Geschäftsmodelle des Kapitalismus. Mileis libertäres Konzept hat die Wählerschaft in Argentinien mit »Deepfakes« verführt. Das ungute Wort »libertär« wird auch in Deutschland strapaziert, da es scheinbar als Gegenwort zu »autoritär« stehen könnte.

Günter Buhlke, Berlin/Zürich

Argentinien ist unter Javier Milei weiterhin Quelle des Geldtransfers gen Westen. Staatsschulden sind eines der besten Geschäftsmodelle des Kapitalismus.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ronald B. aus Kassel (28. Februar 2024 um 20:49 Uhr)
    Ich bin Ute Rott aus Templin sehr dankbar für ihren deutlichen Leserbrief, die Macke der jungen Welt betreffend, sich trotz mehrfacher Ermahnung seitens der Leserschaft mittels der Verherrlichung des tierquälerischen Bullenreitens durch namentlich Maximilian Schäffer als explizit nicht antiamerikanisch darstellen zu wollen. Leserbriefe wie den von Ute Rott, ihren Vorgängern oder auch meine Zeilen nimmt junge Welt indes nur als Beleg, dass der Autor Maximilian Schäffer polarisiert – was unbedingt positiv gewertet wird! Ermahnbar in ihrer Perversion – und so gehört das benannt! – ist junge Welt nicht – der Autor wird eher noch drauflegen dürfen, als dass er gebremst wird – das gehört zur Pathologie des Hauses. Der inneren Dialektik des Verlagshauses sind schon ganz andere Macher – bzw. Macker entsprungen – man wäre dort gut und bestens beraten, gewisse so mahnende wie lauteren Stimmen wie hier auch die von Ute Rott entsprechend zu gewichten!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (29. Februar 2024 um 12:28 Uhr)
      Ich denke, dass über diese mahnenden Worte ruhig einmal in einer Redaktionskonferenz der jW laut nachgedacht werden könnte. Wer an der Seite der Schwachen stehen will, sollte das nicht nur auf Menschen beziehen dürfen. Wem diese Empathie abgeht, der wird sie erfahrungsgemäß irgendwann auch gegenüber ganz realen Mitmenschen und ihren Problemen einbüßen.