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Aus: Ausgabe vom 28.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Rückzug des Tages: Claudia Roth

Von Philip Tassev
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Selektiver Beifall: Kulturstaatsministerin Claudia Roth möchte nur dem israelischen Regisseur applaudiert haben (Berlin, 24.2.2024)

Seit dem Wochenende versuchen Vertreter der »Staatsräson« mit den üblichen Verzerrungsmethoden, die 74. Berlinale zu skandalisieren und einen »Eklat« herbeizureden. Der Grund: die Auszeichnung des Films »No Other Land«, in dem die Vertreibung von Palästinensern im Westjordanland thematisiert wird. Im Namen ihrer Kollegen hatten die beiden Regisseure des Films, der israelische Journalist Yuval Abraham und der palästinensische Filmemacher Basel Adra, am Samstag abend den »Goldenen Bären« für den besten Dokumentarfilm entgegengenommen. Adra sagte in seiner Rede, ihm falle es schwer, den Preis zu akzeptieren, wo doch in gerade Zehntausende seiner Landleute getötet werden. Das Publikum spendete Beifall, inklusive Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU).

Es dauerte nicht lange, da begann das Kesseltreiben: Vom Tagesspiegel über Bild und Focus bis zu Felix Klein und Ron Prosor war das Geschrei groß. Auf der Berlinale werde »Hardcore-Holocaust-Leugnern und Israel-Hassern« zugejubelt, schrieb etwa Jan Fleischhauer auf X. Nach diesem erwartbaren Shitstorm setzte auch die ebenso erwartbare Distanzierungswelle ein. »Die teils einseitigen und aktivistischen Äußerungen« von einigen Preisträgern gäben »in keiner Form die Haltung des Festivals wieder«, verkündete die Presseabteilung der Berlinale am Montag. Und Roth? Die ließ verlauten, ihr Applaus habe nur dem israelischen Regisseur gegolten. Aber was hatte der eigentlich gesagt? Die Ungleichbehandlung der Palästinenser nannte er ohne Umschweife Apartheid. Außerdem rief er zu einem Waffenstillstand auf und forderte das Ende der israelischen Besatzung. Und dazu hat Claudia Roth applaudiert? Diese Distanzierung wird die »Freunde Israels« wohl kaum besänftigen.

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  • Leserbrief von Jens Knorr aus Berlin (28. Februar 2024 um 11:19 Uhr)
    StGB 130 (5) (5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören. Soviel zu den Herren Jan Pronsor, Felix Klein, Jan Fleischhauer et al.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (28. Februar 2024 um 19:41 Uhr)
      Prima, wie Sie die Kriegshetze gegen Russland, die in der BRD seit Jahr und Tag herrscht, juristisch aufs Korn nehmen. Chapeau!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Matthias M. (28. Februar 2024 um 02:12 Uhr)
    Die Reflexempörten sollten sich mal mit Leuten unterhalten, die sich auskennen. »Ich würde von antiisraelischen und einseitigen Äußerungen sprechen, aber nicht von antisemitischer Rhetorik«, sagte der israelisch-deutsche Pädagoge und Publizist Meron Mendel im Interview mit der Bayern 2 Radiowelt.

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