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Aus: Ausgabe vom 28.02.2024, Seite 7 / Ausland
Krieg gegen Gaza

Israel ignoriert IGH

Nach Monatsfrist eingereichter Bericht behauptet Einhaltung humanitärer Verpflichtungen. Realität sieht anders aus
Von Ina Sembdner
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»Katastrophale Ausmaße«: Millionen Palästinenser haben seit Monaten nicht ausreichend zu essen (Rafah, 27.2.2024)

Die Frist hat Israel eingehalten, die Auflagen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) aber offenbar nicht. Einen Monat hatte der IGH dem im Gazastreifen kriegführenden Staat eingeräumt, um einen Bericht über Maßnahmen zur Vermeidung eines Völkermords einzureichen. Über den Inhalt gibt es bislang keine Angaben, doch Quellen erklärten gegenüber der israelischen Tageszeitung Haaretz vom Montag, dass der israelische Bericht voraussichtlich kurz ausfallen werde und sich hauptsächlich mit dem Nachweis befasse, dass Israel seinen humanitären Verpflichtungen gegenüber den Menschen im Gazastreifen nachkomme und die vom Gericht in seiner einstweiligen Entscheidung angeordneten vorläufigen Maßnahmen einhalte.

Neben offenkundigen Verstößen, die jeden Tag über soziale Netzwerke und Berichte aus Gaza verfolgt werden können, widerlegten auch verschiedene Menschenrechtsorganisationen Israels Behauptung. Amnesty International erklärte am Montag, dass Israel es versäumt habe, »auch nur ein Minimum an Maßnahmen zu ergreifen«, um den vom IGH verlangten »sofortigen und wirksamen Maßnahmen« zum Schutz der Palästinenser nachzukommen. Die Behörden hätten es versäumt, dafür zu sorgen, »dass genügend lebensrettende Güter und Dienstleistungen eine Bevölkerung erreichen, die von einem Völkermord bedroht ist und am Rande einer Hungersnot steht«. Israel bombardiere das Land unablässig und habe seine seit 16 Jahren andauernde illegale Blockade verschärft. Daran anschließend konstatierte Samantha Power, Chefin der US-Entwicklungsbehörde USAID, via X: »Mehr als 500 Lastwagen sollten täglich in den Gazastreifen gelangen. In der vergangenen Woche schafften es nur ungefähr 85 pro Tag, durchzukommen.« Illustriert war der Post mit einem Bild von Powers in einem Lagerhaus in Jordanien – vollgepackt mit Hilfsgütern, um das zu bekämpfen, was das Welternährungsprogramm als »katastrophale Ausmaße des Hungers« bezeichne, so die USAID-Verantwortliche.

Auch Human Rights Watch erklärte: »Die israelische Regierung hat es versäumt, mindestens eine Maßnahme der rechtsverbindlichen Anordnung des Internationalen Gerichtshofs zu erfüllen.« Das Land behindere weiterhin die Erbringung grundlegender Dienstleistungen sowie die Einreise und Verteilung von Treibstoff und lebensrettenden Hilfsgütern im Gazastreifen, heißt es in der ebenfalls am Montag veröffentlichten Stellungnahme. »Die israelische Regierung lässt die 2,3 Millionen Palästinenser im Gazastreifen hungern und bringt sie damit in noch größere Gefahr als vor der verbindlichen Anordnung des Weltgerichtshofs«, sagte Omar Shakir, Direktor für Israel und Palästina bei Human Rights Watch. Andere Länder werden dazu aufgefordert, »alle Hebel in Bewegung« zu setzen, »einschließlich Sanktionen und Embargos, um die israelische Regierung zu drängen, den verbindlichen Anordnungen des Gerichts im Völkermordfall nachzukommen«.

Auch von juristischer Seite wurde deutliche Kritik laut. Die »International Commission of Jurists« verurteilte in einer Mitteilung »das anhaltende Versäumnis Israels und anderer Staaten, die vorläufigen Maßnahmen einzuhalten und ihnen volle Wirkung zu verleihen«. Und auch hier wird festgehalten, dass die Art der israelischen Kriegführung den angeordneten Maßnahmen seit Anordnung zuwiderlaufe.

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