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Aus: Ausgabe vom 27.02.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Medizin

Den Nebel gelichtet

Undichte Blutgefäße: Ursache für »Brainfog« bei Long Covid entdeckt
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Kurzatmigkeit, Muskelschmerzen, chronische Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisstörungen. Das als Long Covid bekannte Phänomen erzeugt eine Reihe verschiedener Symptome. Mediziner haben nun zumindest eine Ursache für den sogenannten Gehirnnebel (»Brainfog«) bei Long-Covid-Patienten gefunden. Demnach verursacht die Virus­infektion eine Störung des Blutversorgungssystems im Gehirn. Dies berichtet eine Forschergruppe aus Dublin im Fachmagazin Nature Neuroscience.

Die Wissenschaftler werteten Gesundheitsdaten von insgesamt 76 Long-Covid-Patienten und Patienten mit einer akuten Coronainfektion und unterschiedlich schwerem Krankheitsverlauf aus. Sie analysierten insbesondere Gehirnscans der Patienten, die mit einer speziellen MRT-Form und einem Kontrastmittel aufgenommen wurden. Dies macht die Durchblutung der einzelnen Hirnstrukturen besonders gut sichtbar. Zudem untersuchten sie, welche Gene in den Blutzellen der Betroffenen aktiv waren und welche Moleküle im Blut kursierten. Daraus erhofften sie sich Rückschlüsse auf die Ursache des »Brainfog«.

Tatsächlich fanden sie erhöhte Werte des Proteins S-100-Beta, das unter anderem ein Marker für eine gestörte Blut-Hirn-Schranke ist. Als Blut-Hirn-Schranke wird die Grenze zwischen Blutstrom und Zentralnervensystem bezeichnet. Durch spezielle Zellen, die der Gefäßwand außen anliegen, können nur bestimmte Stoffe ins Gehirn übertreten. Dadurch wird das Hirn vor schädlichen Stoffen und Krankheitserregern geschützt. Wenn die Blut-Hirn-Schranke gestört ist, gelangen Substanzen ins Gehirn, die sonst abgeschirmt werden.

Die Hirnscans zeigten, dass bei Covid- und Long-Covid-Patienten, die unter »Brainfog« litten, die Blutgefäße im Gehirn undicht waren, insbesondere im frontalen Cortex und in den Temporallappen. Dadurch gelangten verstärkt Blutbestandteile ins Gehirn. Bei Patienten ohne kognitive Einschränkungen war dies hingegen nicht der Fall. Koseniorautor Colin Doherty sagte, dies bestätige, »dass die neurologischen Symptome von Long Covid anhand realer und nachweisbarer Stoffwechsel- und Gefäßveränderungen im Gehirn messbar sind«.

Corona ist nach Überzeugung der Forscher nicht die einzige Virusinfektion, die auf diese Weise das Gehirn schädigt. In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass bei vielen neurologischen Erkrankungen – etwa Multipler Sklerose (MS) – wahrscheinlich eine Virusinfektion der auslösende Faktor für die Erkrankung sei. (jW/dpa)

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