Traktorparade und Knüppelgarde
Von Thomas BergerIndiens protestierende Bauern harren auf ihrem »Marsch auf Delhi« vorerst bis Donnerstag etwa 200 Kilometer nördlich der Hauptstadtmetropole aus. Mit Traktorparaden blockierten sie am Montag mehrere Highways unweit des Protestcamps an der Grenze der Bundesstaaten Punjab und Haryana sowie im Westen von Uttar Pradesh unweit der Stadtgrenze Delhis. Damit greift nun auch der Samyukta Kisan Morcha (SKM) ein – jener Dachverband, der die vorigen, ein Jahr andauernden Bauernproteste 2020/21 organisiert hatte. Organisator des »Marsches auf Delhi«, der am 13. Februar gestartet war, ist die abgespaltene SKM-non-political.
Inzwischen sind vier Verhandlungsrunden zwischen den Protestierenden und der Regierung unter Premier Narendra Modi von der hindunationalistischen und neoliberalen Bharatiya Janata Party (BJP) gescheitert. Zuletzt hatte das federführende Ministertrio vor gut einer Woche vertragliche Vereinbarungen zu einem garantierten Mindestabnahmepreis für Linsen, Baumwolle und Mais bei unlimitierten Mengen angeboten. Das war von der Protestbasis als unzureichend abgelehnt worden. Die Bauernaktivisten fordern für alle 23 Agrarerzeugnisse, die bisher unter die Regelung zum Mindestabnahmepreis fallen, darunter auch Reis und Weizen, eine gesetzliche Garantie.
Kritisiert wird die fortgesetzte Polizeigewalt gegen die Protestierenden, die fast ausschließlich von den Sicherheitskräften im ebenfalls von der BJP regierten Unionsstaates Haryana ausgeht, während das oppositionell regierte Punjab den Protestzug ungehindert ziehen ließ. Mehrfach wurden von Haryana aus Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt, etliche Verletzte waren zu beklagen. Nachdem es vorige Woche einen weiteren Todesfall gegeben hatte, mittlerweile soll es der fünfte seit Beginn des Marsches sein, hatten sich die Organisatoren zu einem vorübergehenden Verbleib am derzeitigen Standort an der regionalen Grenze beider Teilstaaten entschlossen. Dass die Polizeigewalt aber weitergeht, illustrierte ein Fall am Sonntag, als ein einzelner Bauer durch Beamte von seinem Traktor gezerrt und so schwer zusammengeschlagen wurde, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Nicht nur Vertreter der Bauernbewegung kritisierten den Vorfall scharf – auch der von der Kongresspartei zur BJP gewechselte frühere Regierungschef von Punjab, Amarinder Singh, rief seinen Parteifreund, Haryanas Chefminister Manohar Lal Khattar, zu einer Untersuchung des »barbarischen« Falls auf.
Zu den Forderungen der Bauernaktivisten nach garantierten Mindestpreisen und Schuldenerlass gesellt sich auch Kritik an der Welthandelsorganisation (WTO). »Vor 1995 hatte Indien seine eigene Landwirtschaftspolitik. Doch alles hat sich mit dem folgenden WTO-Beitritt verändert«, betonte Marwan Singh Pandher, ein Anführer der Proteste, laut dem Nachrichtenportal India Today am Sonntag. Er stellte sich auch der Behauptung aus dem Regierungslager entgegen, ein gesetzlicher Mindestabnahmepreis würde eine allgemeine Preisspirale in Gang setzen. Darüber hinaus fordern die Bauern eine Zusicherung, dass die Strompreise für Farmer nicht erhöht werden, die Etablierung eines Rentensystems für Bauern und Landarbeiter und endlich Kompensationszahlungen für die Familien der Todesopfer der Proteste von 2020/21.
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