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Aus: Ausgabe vom 27.02.2024, Seite 6 / Ausland
Philippinen

Duterte droht mit Rebellion

Philippinen: Machtstreit zwischen Exstaatschef und Präsident Marcos Junior
Von Rainer Werning
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Hat seperatistische Phantasien: Rodrigo Duterte war der erste philippinische Präsident aus Mindanao (Davao, 28.1.2024)

Vor 38 Jahren, am 26. Februar 1986, wurde Ferdinand Marcos, der Vater des seit Sommer 2022 in Manila amtierenden Präsidenten Ferdinand Marcos Junior, nach 21jähriger Herrschaft mit Schimpf und Schande aus dem Präsidentenpalast Malacañang gejagt und von der US-Luftwaffe ins hawaiianische Exil ausgeflogen.

Ausgerechnet Expräsident Rodrigo Duterte, Vater der ebenfalls seit Sommer 2022 amtierenden Vizepräsidentin Sara Duterte, verhängte den Bannfluch über Marcos Junior. In seiner Heimatstadt Davao City zog Duterte anlässlich einer politischen Großveranstaltung am 28. Januar derbe vom Leder. Er beschimpfte das Staatsoberhaupt erneut als »Weichei« und »Kokser« und warnte, ihm drohe womöglich dasselbe Schicksal wie Marcos Senior im Frühjahr 1986. Der so gescholtene Marcos Junior fuhr umgehend eine Retourkutsche und nannte Duterte, der einen brutalen »Antidrogenkrieg« entfesselt hatte, selbst einen »Drogenabhängigen«.

Starker Tobak, der in dem südostasiatischen Inselstaat stets dann kräftige Rauchschwaden entfaltet, wenn die landesweit etwa 300 dominanten Familiendynastien und politischen Clans ihre Reviere abstecken. Und das knallhart, wenn es um Macht und Pfründe geht. Da spielt es keine Rolle mehr, dass sich – wie im letzten Präsidentschaftswahlkampf im Frühjahr 2022 geschehen – der Marcos-Sohn in trauter Zweisamkeit mit der Duterte-Tochter als Bannerträger eines »Unity Team« gerierten.

Aufsehen erregte Sara Duterte erstmalig im Herbst vergangenen Jahres: Allen Ernstes forderte sie für ihr Büro des Vizepräsidenten und das ebenfalls von ihr geleitete Bildungsministerium im Haushaltsjahr 2024 insgesamt 650 Millionen Philippinische Peso (umgerechnet etwa 10,7 Millionen Euro) an vertraulichen Fonds inklusive Gelder für Sicherheitsmaßnahmen. Nach langen Querelen im Kongress musste die Vizepräsidentin zähneknirschend klein beigeben. Unmut blieb dennoch bestehen, als bekannt wurde, dass die Vizepräsidentin ihrem Büro im Dezember 2022 zugeflossene 125 Millionen Philippinische Peso an vertraulichen Fonds innerhalb von nur elf Tagen ausgegeben hatte. Kritikern beschied die forsche Politikerin, sie seien »Feinde des Friedens«.

Derweil musste Altpräsident Duterte befürchten, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen ihn wegen des »Antidrogenkrieges« vorgeht und eigene Ermittler nach Manila entsendet. Duterte, ein bekennender Anhänger von Marcos Senior, ging von Woche zu Woche immer schärfer auf Distanz zu dessen Sohn. Seine Innen- wie Außenpolitik geht ihm gegen den Strich – vor allem das unter Marcos Junior erfolgte Einschwenken auf einen betont US-freundlichen Kurs. Seit Ende Januar droht der Expräsident sogar mit einer Rebellion, die entweder die derzeitige Regierung stürzen oder in der Abspaltung der südlichen Hauptinsel Mindanao gipfeln würde.

Dutertes Sohn Sebastian, seit Sommer 2022 Bürgermeister von Davao City, der größten Stadt auf Mindanao, legte nach, und forderte seinerseits den Rücktritt des Präsidenten. Um die Wogen zu glätten und im Namen ihres Bruders zu vermitteln, reiste eigens die Senatorin Imee Marcos nach Davao City und behauptete, ihre Freunde dort hätten sich »entschuldigt«. Was deren Bürgermeister mit den Worten kommentierte, die Senatorin solle besser »selbstherrliche politische Auftritte« meiden und sich »nicht in fremde Angelegenheiten einmischen«.

In gut einem Jahr stehen Halbzeitwahlen an, in denen die Weichen für eine mögliche Verfassungsänderung gestellt werden. Sollte das den Wechsel vom aktuellen präsidialen hin zu einem parlamentarischen System bedeuten, böten sich für die mächtigsten politischen Clans im Lande reale Chancen einer langfristigen Herrschaftssicherung. Aktuell währt die Amtsperiode des höchsten Staatsrepräsentanten sechs Jahre – Wiederwahl ausgeschlossen.

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