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Aus: Ausgabe vom 26.02.2024, Seite 16 / Sport
Schach

Fast die A-Besetzung

Beim Mitropa-Cup im thüringischen Apolda gelang den deutschen Mannschaften erstmals ein Doppelsieg
Von Sören Bär
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Der Kulminationspunkt: Matthias Blübaum entscheidet mit dem Springeropfer 15.Sxf7!! die Partie

Die Abkürzung Mitropa erinnert an die Mitteleuropäische Schlafwagen- und Speise­wagen-Aktiengesellschaft, die ab 1916 entsprechende Waggons sowie Bahnhofs- und Autobahnraststätten betrieb, nach 1945 in der DDR weitergeführt wurde und dadurch große Popularität erlangte. Das Schach-Mannschaftsturnier gleichen Namens wurde von der österreichischen Schachfunktionärin Gertrude Wagner initiiert. Sie ließ sich von einem Fußballwettbewerb inspirieren. Mit der ersten Austragung 1976 in Innsbruck wurde ein Traditionsturnier aus der Taufe gehoben.

Nach 2002 in Leipzig und 2013 in Meißen fungierte der Deutsche Schachbund (DSB) vom 14. bis 23. Februar im thüringischen Apolda wieder einmal als Ausrichter. Meist dürfen sich beim Mitropa-Cup aufstrebende junge Akteure ihre ersten Sporen verdienen, doch als Gastgeber brachte Deutschland diesmal fast die A-Besetzungen an die Bretter. Das von Jan Gustafsson gecoachte Männerteam bot fünf junge Großmeister mit einer Ratingzahl über 2.600 auf – einzig der beim Weltklasseturnier in Weissenhaus engagierte Vincent Keymer fehlte. Mit neun Siegen und 18:0 Mannschaftspunkten wurde die DSB-Auswahl ihrer Favoritenrolle gerecht, wenngleich der Triumph kein Spaziergang war. Sechsmal gewann das deutsche Team mit dem knappsten Ergebnis 2,5:1,5. Mit sechs Punkten aus sieben Partien gelang Dmitrij Kollars das beste Resultat und eine ELO-Performance jenseits der 2.700. Sehr zuverlässig spielte Matthias Blübaum mit fünf aus sieben am Spitzenbrett. Er blieb ohne Verlustpartie und bezwang überdies im entscheidenden Match gegen die Verfolger aus der Schweiz den starken Nico Georgiadis. Eine Topperformance bot auch Frederik Svane mit 6,5 aus acht, während Alexander Dontschenko mit vier Siegen und zwei Verlusten kompromisslos agierte. Lediglich Rasmus Svane blieb mit vier Punkten aus acht Partien unter den Erwartungen.

Die Silbermedaille errangen mit 14:6 Zählern die Schweizer, von denen Großmeister Sebastian Bogner mit sechs aus acht ohne Verlust an Brett zwei herausragte und mit 2.722 die höchste ELO-Performance im ganzen Feld erreichte. Den Bronze­platz erreichte die ohne Großmeister mit jungen Spielern angetretene Tschechische Republik (12:6). Beeindrucken konnten Jan Vykouk am Spitzenbrett und der 16jährige Jachym Nemec mit jeweils sechs aus neun.

Im Frauenturnier setzte sich das von Juri Jakowitsch trainierte deutsche Team nach sieben Siegen und zwei Unentschieden mit 16:2 Punkten vor Frankreich (14:4) und der Schweiz (12:6) durch. Elisabeth Pähtz und Dinara Wagner fehlten zwar, dennoch konnten immerhin drei Großmeisterinnen und zwei Internationale Meisterinnen aufgeboten werden. Am erfolgreichsten agierte Lara Schulze mit sechs aus sieben ohne Niederlage an Brett vier. Jana Schneider präsentierte sich am zweiten Brett mit überzeugenden sechs aus acht bei nur einer Verlustpartie. Solide Aktivposten ohne Niederlage waren an Brett fünf Katerina Dolschykowa mit fünf aus sechs und Hanna Marie Klek mit fünf aus sieben an Position drei. Lediglich Josefine Heinemann blieb mit 3,5 aus acht am Spitzenbrett unter 50 Prozent.

Matthias Blübaum – Nico Georgiadis

Mitropa-Cup, Apolda, Runde drei (1), BRD – Schweiz, 17. Februar 2024 – Katalanisch

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.g3 Lb4+ 5.Ld2 Le7 (Dieses Pendelmanöver wird angewandt, um den weißen Läufer nach d2 zu locken, so dass er nicht mehr nach b2 entwickelt werden kann.) 6.Lg2 O-O 7.Dc2 c6 8.h4! (Noch vor einer Dekade wäre dieser Aufzug des Randbauern statt der natürlichen Rochade 8.0-0 undenkbar gewesen, doch unter dem Einfluss der Computerengines verändert sich die Herangehensweise an das Spiel.) 8Sbd7 9.Sc3 dxc4 (Dies ist in diesem Stellungstyp nicht ungewöhnlich, gibt aber die Kontrolle über das Feld e4 auf.) 10. Td1 Sd5? (Besser war 10…a5 mit zweischneidigem Spiel nach 11.e4 b5 12.e5 Sd5 13.Sg5.) 11. Se4! (Nun hat Weiß bereits einen schönen Vorteil.) 11c5 (Wenig vertrauenerweckend sieht auch 11…f5 aus der Partie Sivuk–Kozak, Spilimbergo 2021, aus, wenngleich diese bereits nach 12.Seg5 S7b6 13.O-O h6 14.Sh3 a5 15.Se5 Lf6 16.Sxc4?! Sxc4 17.Dxc4 Db6 remis endete. Weiß könnte mit 16.Sf4! verstärken.) 12.Seg5! (Der Mattangriff beginnt.) 12S5f6 (Nach 12…S7f6 13.e4 Sb4 14.Lxb4 cxb4 15.e5 +- verlöre Schwarz einen Springer, da 15…Sd5 das Matt 16.Dxh7# zur Folge hätte.) 13.Lc3 Dc7 14.dxc5 (Es droht bereits 15.Txd7! Lxd7 16.Lxf6 Lxf6 17.Dxh7#.) 14Te8 (Der Nachziehende schafft seinem König das Fluchtfeld f8.) 15.Sxf7! (In höherem Sinne ist die Partie nach diesem schönen Springeropfer bereits entschieden.) 15Kxf7 16.Sg5+ Kg8 17.Sxe6 Db8 18.Sg5 (Gut genug, doch noch kräftiger war wohl 18.Txd7! Lxd7 19.Sg5. Es droht 20.Ld5+. Nach dann 20…Kh8 21.Lxf6 Lxf6 22.Dxh7# wäre es dann ebenso aus wie nach 20…Kf8 21.Sxh7+! Sxh7 22.Dg6! mit den Mattdrohungen 23.Df7# und 23.Dxg7#.) 18Sf8 19.Ld4 Le6 20.Sxe6 Sxe6 21.Dxc4 Dc8 22.Lh3 Lf8 23.Lxf6 gxf6 24.O-O (24. b4) 24Kh8 (Schwarz hätte mit 24…a5 25.b4 unterbinden sollen.) 25.b4 b5 26.Dxb5 (Der Anziehende steht mit vier Bauern und Angriff für die Figur auf Sieg.) 26Tb8 27.Dc4 Dc6 28.Td3 a5 29.a3 axb4 30. axb4 Sg7 31.Ld7 Te4 32.Td4 Txd4 33.Dxd4 Dc7 34.Td1 Le7 35.De4 De5 36.Dc4 f5 37.Td5 Db2 38.b5 Ta8 39.Td1? (Kurz vor der Zeitkontrolle vergibt Weiß einen großen Part seines Vorteils. Das gierige 39.Lxf5?? Sxf5 40.Txf5 scheitert an 40…Db1+ 41.Kg2 Dxf5 -+ . Besser war es, präventiv den König mit 39.Kh2! +- in Sicherheit zu bringen.) 39Ta1 40.Txa1 Dxa1+ 41.Kg2 De5 42.c6 Ld8? (Ein grober Fehler, denn nach 42…Lc5 43.e3 h5 44.Kh2 Lb6 ist nicht sofort klar, wie Weiß gewinnen kann.) 43.Df7! (Jetzt ist Blübaum wieder klar auf der Siegerstraße.) 43Dc5 44.h5 Lb6 45.e3 h6 46.Le6 Sxe6 47.Dxe6 Dxb5 48.Dxh6+ (Genauer war 48.Dc8+ Kg7 49.Db7+ Kf6 50.c7, denn Schwarz muss mit 50…Lxc7 51.Dxb5 +- die Dame geben.) 48…Kg8 49.Dg6+ Kh8 50.Dh6+ Kg8 51.De6+ Kh7 52.c7! Lxc7 53.Df7+ Kh8 54.Dxc7 (Das Damenendspiel mit drei Minusbauern ist hoffnungslos für Schwarz.) 54Dd5+ 55.Kh2 1:0

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