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Aus: Ausgabe vom 23.02.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Russland und Venezuela

Moskau und Caracas rücken zusammen

Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Caracas: vertiefte strategische Kooperation
Von Volker Hermsdorf
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Wollen »sehr bald« Bündnispartner sein: Russlands Außenminister Sergej Lawrow (r.) beim Handschlag mit Venezuelas Präsident Nicolas Maduro am Dienstag in Caracas

Russland und Venezuela rücken enger zusammen. Beim Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow vereinbarten beide Länder am Dienstag (Ortszeit) in Caracas, ihre strategische Partnerschaft bei der Öl- und Gasförderung, der friedlichen Nutzung der Kernenergie sowie in den Bereichen Landwirtschaft, Medizin und Pharmazie zu verstärken. Lawrows venezolanischer Amtskollege Yván Gil erklärte, in diesem Jahr seien bereits mehr als 340 Abkommen zwischen den Ländern geschlossen worden. Russland sei nunmehr zum »zuverlässigen Lieferanten von Sekundärprodukten geworden«. Moskaus Außenminister hatte das südamerikanische Land zuletzt im April 2023 besucht.

Außer im Handel, in der Wirtschaft, der Industrie und den Finanzbeziehungen hat sich die Zusammenarbeit laut Gil auch im Tourismus, in der Wissenschaft und im Bildungsbereich positiv entwickelt. »Wir registrieren mit Freude den Zustrom russischer Touristen auf unsere Karibikinseln Margarita und Los Roques«, sagte Gil. Er hob hervor, dass »Venezuela und Russland auf der internationalen Bühne Opfer der illegalen, irrationalen und illegitimen Anwendung einseitiger Zwangsmaßnahmen« sind.

Lawrow erklärte, die »Politik der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten«, stelle einen »eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht und die Praxis zivilisierter Beziehungen im Bereich des Handels und der Investitionen« dar und sei »barbarisch«. Beide Länder eine die Ablehnung solch »diktatorischer Methoden«. Ein Ausdruck der freundschaftlichen Beziehungen sei auch das gestiegene Interesse junger Venezolaner an einem Studium in Russland, so Lawrow. Moskau habe deshalb die Quote der für Venezuela bereitgestellten Stipendien auf 200 Plätze verdoppelt. Er kündigte zudem die Wiederaufnahme der Aktivitäten des Russischen Zentrums für Wissenschaft und Kultur in Caracas an.

Nach Angaben des russischen Außenministeriums belief sich der Handelsumsatz zwischen beiden Ländern Ende 2022 auf rund 150 Millionen US-Dollar. Die Parteien beabsichtigen, diese Zahl in naher Zukunft zu verdoppeln. »Trotz des relativ geringen Volumens im bilateralen Handel gibt es ein großes Potential für dessen Ausbau sowie für die Entwicklung von Wirtschafts- und Investitionsbeziehungen«, so Nikolai Kalaschnikow vom Lateinamerikainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften gegenüber Wedomosti. In einem Kommentar hob die in Moskau erscheinende Zeitung am Mittwoch hervor, dass Lawrows Ankunft in Caracas mit einer Rede von Präsident Nicolás Maduro zusammenfiel, in der er die Ambitionen Venezuelas bekräftigte, »sehr bald« dem BRICS-Bündnis beizutreten, dessen Vorsitz Russland 2024 innehat.

Mit einem Beitritt Venezuelas würde die expandierende zwischenstaatliche Organisation den Anteil der ölexportierenden Länder unter ihren Mitgliedern vergrößern und damit das Gewicht der BRICS auf den globalen Ölmärkten sowie in der internationalen Politik erhöhen. Die bekannten Erdölreserven Venezuelas belaufen sich nach Schätzungen des Ölkartells OPEC auf mehr als 300 Milliarden Barrel, was mehr als 19,6 Prozent aller Reserven entspricht. Damit liegt das Land an erster Stelle in der Welt. Saudi-Arabien, das der BRICS-Gruppe Anfang des Jahres beigetreten war, verfügt über 16,7 Prozent, gefolgt von Russland mit 5,2 Prozent.

Vor seiner Weiterreise zum Treffen der G20-Außenminister in Rio de Janeiro war Lawrow am Dienstag nachmittag noch von Staatschef Maduro empfangen worden. »Wir sind brüderliche Völker, die gemeinsam für den Wohlstand Russlands und Venezuelas arbeiten«, schrieb Maduro danach im Onlinedienst X. Laut RT bekräftigte Maduro bei dem Treffen: »Venezuela unterstützt Russland in seinem Kampf gegen den Nazismus. Es ist auch unser Kampf gegen Nazismus, Neonazismus, Faschismus«. Er sei überzeugt, dass die »alte koloniale Welt mit Kriegen, Interventionen, Völkermord und einem Überlegenheitskomplex durch eine neue Welt mit BRICS« ersetzt werde, hatte er am Vortag bereits im Fernsehsender VTV erklärt.

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