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Aus: Ausgabe vom 22.02.2024, Seite 7 / Ausland
Linke in Großbritannien

Linke organisieren sich gegen Starmer

UK: Anhänger von Jeremy Corbyn wollen Wiederwahl des rechten Labour-Chefs verhindern
Von Dieter Reinisch
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Protest gegen den Ausschluss von linken Sozialdemokraten aus der Labour Party (20.7.2021)

Der südafrikanische Antiapartheidaktivist Andrew Feinstein soll die Wiederwahl von Keir Starmer als Chef der britischen Labour-Partei verhindern. Dafür hat ihn die von ehemaligen linken Labour-Mitgliedern aus dem Umfeld von Jeremy Corbyn gegründete Initiative »Organise Corbyn Inspired Socialist Alliance« (OCISA) auserkoren. Ihr Ziel: In Starmers Wahlkreis Holborn und St Pancras einen geeigneten unabhängigen Gegenkandidaten zu dem rechten Labour-Chef aufzustellen. Damit soll verhindert werden, dass Starmer ins Unterhaus einzieht. Trotz eines zu erwartenden Wahlsiegs der Labour-Partei im ganzen Land könnte Starmer dann nämlich keine Regierung bilden – das dürfen nur Abgeordnete. In einem Statement auf X hatte Feinstein sich in der vergangenen Woche grundsätzlich zu einer Kandidatur bereiterklärt, schrieb jedoch auch, »es muss noch ein umfassender Konsultationsprozess im gesamten Wahlkreis stattfinden«.

Starmer steht für Sozialabbau, Privatisierungen und eine neoliberale Politik in der Tradition von Anthony Blairs »New Labour«. Seit Starmer die Parteiführung von Jeremy Corbyn übernommen hat, sind Zehntausende linke Sozialdemokraten und Gewerkschafter ausgeschlossen worden oder selbst ausgetreten. Viele versuchen, eigene linke Gegenprojekte aufzubauen, wie zum Beispiel die im Herbst gegründete Partei Transform um den Filmemacher Ken Loach.

Von 1997 bis 2001 war Feinstein, der im März seinen 60. Geburtstag feiert, Abgeordneter des African National Congress (ANC) in Südafrika. Davor kämpfte mit Nelson Mandela gegen das rassistische Apartheidsystem. Seit 22 Jahren lebt er in Holborn und St. Pancras im Londoner Stadtteil Camden. In seiner Bewerbung für die OCISA-Kandidatur beschrieb er sich als »Sozialist, Antirassist und Antimilitarist«. Er war Teil des Leitungsgremiums der Kampagne Stop the War gegen die Kriege in Afghanistan und Irak, ist Mitglied des Protestnetzwerks Palestine Action und derzeit im Vorstand des investigativen Medienportals Declassified UK. Auf seiner Webseite schreibt er weiter: »Ich leite eine kleine gemeinnützige Organisation, die den globalen Waffenhandel, Militarismus und Korruption untersucht. Ich bin Autor mehrerer Bestseller und von der Kritik gefeierter Bücher sowie eines preisgekrönten Dokumentarfilms zu diesen Themen.«

Andrew Feinstein - Global Arms Trade in Copenhagen, 2016
Kämpfer gegen Rassismus und Waffenhandel: Der Ex-ANC-Abgeordnete Andrew Feinstein

Er bezeichnet sich als »Freund und Unterstützer« von Jeremy Corbyn. Daher möchte er nun für den Sitz im Wahlkreis des Labour-Chefs kämpfen: »Ich glaube, dass Keir Starmer die Labour Party wieder in eine neoliberale, kriegsfreundliche Partei verwandelt hat, in der Fortschrittliche keinen Platz mehr haben.« Sein Wahlprogramm werde sich um die Teuerungen, die geplante Kürzungspolitik von Labour, die Probleme im Gesundheitssystem NHS, hohe Mieten, Obdachlosigkeit und die Reallohnverluste im öffentlichen Dienst, vor allem von Lehrern und Krankenpflegern, drehen.

OCISA will sich in der Kampagne auf die Leute im Wahlkreis konzentrieren und ihnen im direkten Kontakt auf der Straße und in der Nachbarschaft eine Alternative anbieten. »Starmer siehst du nie in seinem Wahlkreis, außer kurz vor der Wahl. Er lebt nicht mehr dort«, erklärte OCISA-Sprecher Eric Jarvis vergangenes Jahr im jW-Gespräch. Feinstein möchte auch landesweit für Aufsehen sorgen und auf die Gefahr einer Starmer-Regierung aufmerksam machen: »Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um den Triumph des ›roten Tory‹ Starmer zu verhindern«, gab er sich kämpferisch.

Kopfzerbrechen macht Labour auch der Wahlkreis von Jeremy Corbyn, Islington North. Dort wurde bisher kein Kandidat gefunden, der gegen den ehemaligen Parteichef mit Chancen antreten könnte. Labour dürfte den Sitz an den nun unabhängigen Corbyn verlieren.

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