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Aus: Ausgabe vom 22.02.2024, Seite 5 / Inland
Bürgerbefragung zu Tesla

Deutliches Nein zum Tesla-Ausbau

Mehrheit im brandenburgischen Grünheide bei Befragung gegen die Erweiterung der Gigafactory des US-Autobauers
Von David Maiwald
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Nix Ablehnung: Die Mehrheit der Bürger in Grünheide zieht Umweltschutz den Konzernprofiten von Tesla schlicht vor

Tesla soll seine Gigafactory im brandenburgischen Grünheide nicht weiter ausbauen. So lautet das Ergebnis einer Bürgerbefragung der Gemeinde vom Wochenende, bei der sich rund 3.500 Bürger gegen eine weitere Abholzung von Wald und Versiegelung von Flächen aussprachen. Bei einer Beteiligung von rund 76 Prozent der Berechtigten sprachen sich knapp 65 Prozent gegen die Pläne des US-Autobauers aus. »Das ›Nein zur Erweiterung‹ ist ein historischer Sieg für den Wald- und Wasserschutz – nicht nur in Grünheide, sondern auch für ganz Brandenburg und Berlin«, erklärte Manu Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide in einer Mitteilung von Dienstag abend. Die Abstimmung hat nur symbolischen Wert, aus ihr ergibt sich rechtlich keinerlei Verpflichtung. Die Bürgerinitiative appelliert an die Gemeindevertreter, die Erweiterung des Werks zu stoppen. Tesla ließ jW-Anfragen unbeantwortet.

Der parteilose Bürgermeister von Grünheide, Arne Christiani, zeigte sich vom Ergebnis der Befragung enttäuscht. Es habe offenbar nicht vermittelt werden können, dass zur Werkserweiterung »weitere wichtige Infrastrukturprojekte« gehörten, sagte er gegenüber dem RBB. Ursächlich für die Ablehnung sei die lokale Berichterstattung über Tesla gewesen. Diese sei im vergangenen Jahr insgesamt »eher ins Negative gegangen«. Vor der Befragung hatte der Bürgermeister erklärt, bei einer großen Teilnahme könne diese als repräsentative Umfrage gewertet werden, der sich die Mehrheit der Gemeindevertretung anschließen werde. Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, drohte nach Bekanntgabe des Ergebnisses, er begreife dieses als »klaren Auftrag, noch intensiver das Gespräch zu suchen und über die Erweiterung des Werks zu informieren«. »Nicht die Risiken, sondern die Chancen der Investition« sollten im Mittelpunkt stehen, »auch mit Blick auf die Umwelt«.

Mindestens 100 Hektar Wald müssten für die geplante Erweiterung von Tesla gerodet werden. Der US-Autobauer will die Produktion im Werk deutlich vergrößern. Das ausgegebene Produktionsziel liegt bei rund 500.000 E-Fahrzeugen im Jahr. Mit der derzeitigen Belegschaft von rund 12.5000 Beschäftigen fertigt das Werk aktuell etwa 300.000 Autos jährlich. Mittelfristig strebt Tesla die Fertigung von jährlich etwa einer Million Fahrzeuge an. Die Natur- und Wasserschutzaktivisten in der Kampagne »Tesla den Hahn abdrehen« befürchten sogar, die Produktion in Grünheide könne verdrei- oder -vierfacht werden. Die Gemeinde würde »auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zur Dauerbaustelle werden, um die damit verbundenen infrastrukturellen Herausforderungen zu bewältigen«, warnten die Aktivisten vor einigen Wochen mit Blick auf die Bürgerbefragung.

Diese bezog sich auf den sogenannten Bebauungsplan 60, nach dem das etwa 300 Hektar große Werksgelände deutlich erweitert werden soll. Tesla benötigt nach eigenen Angaben Lager- und Logistikflächen. Es würde immer nötiger, gegen Lieferausfälle gewappnet zu sein. Vergangene Woche hatte das Werk nach zwei Wochen Produktionsstopp die Fertigung wieder aufgenommen. Der im Bebauungsplan genannte Ausbau des Güterverkehrs ist für die Aktivisten von »Tesla den Hahn abdrehen« kein Argument für eine Vergrößerung des Werksgeländes, da er schon im letzten Plan genehmigt sei. Das Befragungsergebnis zeige nun eindeutig, dass »mit undemokratischen Ausnahmegenehmigungen und dem skandalösen Hinwegsehen über Umwelt- und Arbeitsverstöße« beim US-Autobauer »Schluss« sein müsse.

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