junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 21.02.2024, Seite 4 / Inland
Afghanistan-Einsatz

Weitere Kriegseinsätze vorbereiten

»Enquetekommission« legt Zwischenbericht zu Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr vor
Von Mawuena Martens
imago0052734083h.jpg
Deutsche Panzer allerorten: Soldaten patrouillieren in Kabul (11.8.2003)

Die vom Bundestag 2022 eingesetzte Enquetekommission zum Afghanistan-Einsatz hat am Montag ihren Zwischenbericht einstimmig verabschiedet und vorgestellt. Darin ist zu lesen, Deutschland sei »strategisch gescheitert«, offiziell ausgegebene Ziele dauerhaft abzusichern, unter anderem, einen »stabilen Staat« aufzubauen. Weiter ist die Rede von unklaren Zielen sowie von einer fehlenden Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ressorts, Ministerien und Einrichtungen. Auch sei »Landeskenntnis, historisch-kulturelles Konfliktverständnis oder eine vertiefte Wahrnehmung oder gar Erkundung des Gastlandes, seiner Gesellschaft und Partner« nicht vorhanden gewesen.

Auf 355 Seiten fasst das Schriftstück die zentralen Erkenntnisse aus Anhörungen, der Arbeit von Projektgruppen sowie der Expertise der Mitglieder der Kommission zusammen. Am Donnerstag vormittag soll der Bericht im Bundestag diskutiert werden. Mitglieder der Kommission kommen aus allen im Bundestag vertretenen Parteien. Zusätzlich dazu waren Sachverständige Teil des Gremiums, darunter auch bekannte Bellizisten wie Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München.

Deutschland hatte sich im Rahmen von zwei internationalen Militärmissionen in die inneren Angelegenheiten des Landes eingemischt: als Teil der ISAF (2001–2021), der »International Security Assistance Force« unter Führung der NATO und vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als »Aufbau- und Sicherungsmission« beauftragt sowie bis 2008 in der OEF, der »Operation Enduring Freedom«, der sogenannten Antiterrorkoalition unter Führung der USA ohne eine eindeutige völkerrechtliche Grundlage. Laut »Uppsala Conflict Data Program« wurden in Afghanistan seit 2001 rund 240.000 Menschen getötet, mindestens 70.000 davon Zivilisten.

Erst Ende August 2021 verließen die deutsche Bundeswehr sowie weitere Verbündete der USA überstürzt das Land, als die Taliban die Oberhand gewannen. Mit einer chaotischen Evakuierungsmission, in der die Deutschen sogenannte Ortskräfte im Land zurückließen, wurde der bis dato teuerste Einsatz der Bundeswehr beendet.

Nach der Vorstellung des Berichts wurden unter anderem »konkreten Handlungsanreize« für die Zukunft thematisiert. Schließlich soll das Schriftstück nicht nur dazu dienen, das Vergangene zu analysieren und Fehler aufzuarbeiten, sondern »im Verlauf der weiteren Arbeit Empfehlungen für die Bundesregierung und den Bundestag im Hinblick auf zukünftige Einsätze« zu formulieren, wie es im Bericht heißt. Bedeutet: weitere Kriegseinsätze der Bundeswehr vorbereiten.

Die Diskussion brachte zudem ein Thema auf die Agenda, das die Ampelkoalition im Frühjahr vergangenen Jahres nach Uneinigkeiten zwischen Auswärtigem Amt und Kanzleramt eigentlich begraben hatte: die Einrichtung eines »nationalen Sicherheitsrats« in der Bundesrepublik. Dieser könne, so Robin Schroeder von der »Stabilisation Platform« der regierungsnahen »Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit« im Auswärtigen Amt, »strategische Entscheidungen« ressort- und länderübergreifend treffen. Auch Philipp Rotmann, Direktor des »Global Public Policy Institute«, forderte eine »zentrale integrierte Struktur in der Regierung mit politischem Mandat zur strategischen Führung« sowie indirekt erweiterte Kompetenzen des Kanzleramts in der sogenannten Außen- und Sicherheitspolitik. Denkbar sei auch ein Sonderbeauftragter. Eine weitere Forderung war eine mögliche spezialisierte Einheit der Bundespolizei für Missionen im Ausland.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

Ähnliche:

Regio:

Mehr aus: Inland