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Aus: Ausgabe vom 17.02.2024, Seite 10 / Feuilleton
Tagebuch – In dieser großen Zeit

Büttenreimer kotzt in Eimer

Von Pierre Deason-Tomory
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Der Elefant schaut irritiert – werd’ ich hier etwa karikiert?

Samstag, 10. Februar bis Dienstag, 13. Februar

Fasching.

Mittwoch, 14. Februar

Fasching vorbei. Wir fahren fort mit dem politischen Aschermittwoch und schalten hinüber in ein Kellerlokal in Düsseldorf-Neukölln zur Büttenrede des Vorsitzenden der Deutschen Treppenwitzpartei, Harun Narhal Al-Marsch:

*

Damit sie den Karren aus der Scheiße lenkt

Hat uns der Herr eine Regierung geschenkt

Warum die aus lauter Versagern besteht

Das – wie so oft – nur Gott selber versteht

*

Er wollte sicher nur das Beste

Drum blieben für uns halt nur die Reste

Gleichwohl beginnen wir dieses Stück

Mit einem versöhnlichen Blick zurück

*

Das letzte Jahr ein schönes war

Wenn man’s verbrachte in der Bar

Im echten Leben war’s nich’ so dufte

Nichts wert das Geld, für das man knuffte

*

Für Heizung, Strom und Lebensmitteln

Muss kleiner Mann das Sparschwein schütteln

Das ist bald leer, was macht er dann?

Er stellt sich bei der Tafel an

*

Wenn Höcke erst den Kanzler macht

Wird Volk wie wir eh weggebracht

Wer pigmentiert, wer nicht pariert,

wer protestiert, wird remigriert

*

Das wird ’ne Menge Leute sein

Warum auch nicht, das Land ist klein

Und Höcke richtet’s wieder her

Dem Deporteur ist nichts zu schwör

*

Ist Höcke Hitler? Ist er Faschist?

Am Ende gar ein Antisemitist?

Das kommt drauf an, wie man das sicht

Ein Österreicher ist er jedenfalls nicht

*

Er lehrte Geschichte, glaubt sie kapiert:

Ein Volk hat nur Größe, wenn ein andres krepiert

Es ist nicht wichtig, was Höcke ist

Nur, dass, wer ihn wählt, ist sicher Faschist

*

Der geläuterte Deutsche empört sich täglich

Gegen die Nazis, das ist schon erfrölich

Nicht ohne indes sich selbst zu quälen:

Protestiert gegen Rechte, um sie trotzdem zu wählen

*

Die Klimakleber lassen das Kleben sein

Schade, sagt Söder, er sperrt sie gern ein

Den Kampf um die Kreuzung ham sie verlorn

Mit Pattex null Chancen gegen Bauers Traktorn

*

Gestreikt wird auch, bei Bus und Bahn

und Bayerns Spielern in der Liga

Eier bei Bayern hatte nur Kahn

Drum wird Bayer null vier Ligasieger

*

Die Regierung hätt’ gerne Militär

Doch hat sie nur ’ne Bundeswehr

Pistorius sagt, er habe gerafft

Dass die es nicht bis nach Stalingrad schafft

*

Eine Wehrpflicht hülfe der Truppe sehr

Und hundert Milliarden für Rüstung und mehr

Bei Thyssen-Krupp, Maffei und Rheinmetall

Schießen die Börsenkurse senkrecht ins All

*

Wenn alle wieder dienen sollen

Und Panzer und Bomber vom Fließband rollen

Pistorius sagt es schon einige Zeit:

Dann erst sind wir kriegsbereit

*

Und verteidigen überall westliche Werte

Der Schlächter der Saudis ist unser Gefährte

Wir bomben für Frieden, Freiheit und Sieg!

(Bevor China gewinnt den Wirtschaftskrieg)

*

Eine Partei noch will ich erwähnen

Musste lange im Bundestag sitzen und gähnen

»Die Linke« stand an ihrer Tür

Gibt’s die noch, und wenn ja, wofür?

*

Deren Job soll jetzt ein Bündnis machen

Das den Namen der Gründerin trägt

Die alle erschrecket wie ein Drachen

Weshalb manch Frustrierter ernsthaft erwägt:

*

Sollte ich wagen mehr Wagenknecht?

Sozial ohne Fremde? Wär mir ganz recht!

Der Autor hört’s häufig, ihm ist schon ganz schlecht

Kann nicht soviel fressen, wie er kotzen möcht’

*

Donnerstag, 15. Februar

(Das Tagebuch ist heute wegen eines Schüttelreimdurchfalls in der Familie geschlossen.)

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