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Aus: Ausgabe vom 17.02.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Konjunkturaussichten in der EU

Von Aufschwung keine Spur

EU-Wirtschaft stagniert auch 2024. Brüssel senkt Prognose erneut. BRD weiter lahm
Von Klaus Fischer
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Nadelöhr für Handel EU–Asien: Frachter im Suezkanal auf Weg ins Rote Meer

Auch 2024 wird für die Europäische Union ein Krisenjahr. Fast überall im Staatenbund dürfte die Wirtschaft entgegen allen optimistischen Prognosen auf der Stelle treten. Dies ist der Inhalt einer Vorausschau, die die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel vorgestellt hat. Damit korrigierten die Eurokraten ihre Erwartungen für 2024 zum dritten Mal in Folge nach unten. Manche Annahmen scheinen dabei noch reichlich optimistisch zu sein, Ökonomen und Wirtschaftslobbyisten liegen mit ihren Vorhersagen zum Teil noch darunter.

Nicht zuletzt Deutschland bremst den erhofften stetigen Aufschwung nach der Coronakrise und dem 2022 erklärten Wirtschaftskrieg gegen Russland. Immerhin gestehen die Brüsseler Auguren der mit Abstand größten Volkswirtschaft der Staatengemeinschaft für dieses Jahr ein Miniwachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3 Prozent zu. Damit trägt die BRD-Ökonomie zumindest im Euro-Raum die rote Laterne des Schlusslichts. Was logischerweise nahezu alle anderen Mitgliedsländer bremst.

Immerhin bestünden für die Verbraucher bessere Aussichten: Die Inflation werde sich schneller abschwächen als erwartet, so die Prognose. Für die EU insgesamt erwartet die Kommission ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent. Im Herbst glaubte man noch an ein Plus von 1,3 Prozent. Und die Länder der Gemeinschaftswährung schneiden erneut schlechter ab als der gesamte Wirtschaftsraum. Für die Euro-Zone werden 0,8 Prozent Wachstum angenommen (Herbst: 1,2 Prozent). Rückwirkend wurde auch das Gesamtergebnis für 2023 auf ein Plus von 0,5 Prozent korrigiert (zuvor 0,6 Prozent).

Wie gewohnt gibt sich die Kommission nicht allzu sehr mit Ursachenforschung ab: »Nach einem schwierigen Jahr 2023 hat sich die europäische Wirtschaft etwas schwächer entwickelt als erwartet«, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die Erholung werde sich im Laufe des Jahres allmählich beschleunigen. Und 2025 werde dann alles deutlich besser: Dann sieht Brüssel ein Wachstum von 1,7 Prozent und für die Euro-Staaten von 1,5 Prozent voraus.

Immerhin räumte die Kommission weitere »Risiken« ein – ohne freilich ihr aktives Zutun näher zu beleuchten: »Geopolitische Spannungen, ein immer instabileres Klima und eine Reihe entscheidender Wahlen in diesem Jahr auf der ganzen Welt sind allesamt Faktoren, die die Unsicherheit in bezug auf diese Aussicht erhöhen«, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. So blickt die Kommission zu Recht mit Sorge auf die Gefahr einer weiteren Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten – und die dadurch entstandenen »Schwierigkeiten« im Roten Meer. »Weitere Unterbrechungen (der Warenströme Richtung Ost- und Südostasien) könnten zu erneuten Versorgungsengpässen führen, die die Produktion abwürgen und Preise in die Höhe treiben könnten«, hieß es.

Die deutsche Wirtschaft kann als größte der EU absehbar nicht die Rolle des konjunkturellen Zugpferdes spielen. Statt der großzügig prognostizierten 0,3 Prozent Wachstum könnte es schnell zur nächsten Rezession kommen. Im Gegensatz zur Kommission und Bundesregierung geht die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) für 2024 von einem Rückgang der Wirtschaftsleitung um 0,5 Prozent aus, wie Geschäftsführer Martin Wansleben am Donnerstag in Berlin erklärte.

Pech für die EU: Auch die Wirtschaftsleistung der anderen größeren Mitgliedsländer dürfte in diesem Jahr eher schwach ausfallen. So kämpfen die Nummern zwei und drei, Frankreich und Italien, ebenso mit Problemen wie Deutschland. Die Wachstumsaussichten für Frankreich wurden von 1,2 Prozent auf 0,9 Prozent nach unten korrigiert, die Prognose für Italien auf 0,7 Prozent gesenkt. Lediglich die Nummer vier unter den EU-Schwergewichten, Spanien, soll um 1,7 Prozent beim BIP zulegen. Fast wie ein Scherz klingt es da, dass das kleinste EU-Mitglied mit der besten Prognose aufwartet: Die Wirtschaft von Malta (rund 520.000 Einwohner) wird in diesem Jahr laut Prognose um 4,6 Prozent zulegen.

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