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Aus: Ausgabe vom 16.02.2024, Seite 15 / Feminismus
Südasien

Singapur sperrt Sexualstraftäter länger weg

Gewalt rückt zunehmend ins Licht: Parlament verabschiedet Gesetzesverschärfung
Von Thomas Berger
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Altes Problem: Flashmob gegen sexuelle Gewalt in Singapur 2013

Schon im September 2021 konstatierte die singapurische Frauenorganisation Women Unbounded im Titel ihrer damals veröffentlichten Studie »Sexualisierte Gewalt in Singapur: Eine Krise«. Für den Zeitraum von Januar 2018 bis November 2022 registrierte das Justizministerium 11.868 Sexualvergehen. Angesichts einer mutmaßlich hohen Dunkelziffer ist das für den kleinen Stadtstaat mit knapp 5,7 Millionen Einwohnern eine alarmierend hohe Zahl. 2021 war zudem bislang laut der offiziellen Zahlen das Jahr mit den meisten minderjährigen Betroffenen (247), insgesamt wurden in den fünf Jahren 935 Kinder und Jugendliche Opfer sexueller Übergriffe, oftmals aus dem familiären Umfeld. So wie im Fall eines Angeklagten, der sich jahrelang an der Tochter (anfangs 14 Jahre alt) seiner Lebensgefährtin verging.

Zuletzt haben einige publik gewordene besonders schwerwiegende Fälle den Blick der Öffentlichkeit auf das Thema gelenkt. So ging es Mitte Januar in einem Gerichtssaal um den Fall eines Mannes, der seine Ehefrau mehrfach von anderen Männern hatte vergewaltigen lassen, während er sich wiederum an Partnerinnen von Mittätern verging. Der 42jährige, der im Mai vorigen Jahres wegen seiner Taten zu 29 Jahren Haft und 24 Peitschenhieben verurteilt worden war, ist nun mit seiner Berufungsklage gegen dieses Urteil gescheitert. Chefrichter Sundaresh Menon, der in der höheren Instanz den Vorsitz führte, und seine beiden Kollegen brauchten nur eine Stunde, um zu dem klaren Schluss zu kommen, dass für das, was der Verurteilte seiner Frau und den anderen angetan habe, das Urteil absolut angemessen sei. Da halfen auch plötzliche Reuebekenntnisse des Mannes sowie Einlassungen seiner Mutter nichts, die betonte, wie gut sich ihr Sohn doch um seine Familie gekümmert habe.

In Onlineforen zu Partnertausch, insbesondere über jenes namens Sammyboy, war der Täter in Kontakt mit den sechs anderen Männern gekommen. Der Wachmann hatte seine Frau 2008 geheiratet und vier Kinder mit ihr. 2010 soll er sie bei zwei Gelegenheiten betäubt haben und habe sie dann von den anderen Männern vergewaltigen lassen. An die Vergewaltigungen konnte sich das bei den Taten bewusstlose Opfer später nicht erinnern. Ans Licht kam die ganze Sache erst, als die Frau acht Jahre später ihren Mann zufällig dabei erwischte, wie er sich gerade Videos einer der Vergewaltigungen ansah. Im Zuge der Ermittlungen durch die Polizei kam zudem heraus, dass er sich selbst an den Frauen bzw. Expartnerinnen zweier Mittäter vergangen hatte.

Die Berufungsverhandlung dieses Falles fiel in eine Zeit, in der der Stadtstaat über Strafrechtsverschärfungen diskutierte. In der vergangenen Woche nun wurde ein entsprechendes Gesetz im Parlament verabschiedet. Nach diesem soll es künftig möglich sein, als gefährlich eingestufte Sexualstraftäter auch nach Verbüßung ihrer Haft unbegrenzt in der Sicherungsverwahrung zu halten. Bisher war dies nur mit einer Ausnahmegenehmigung durch das zuständige Ministerium möglich. Vor denjenigen, die eine deutliche Bedrohung darstellten und die zu Wiederholungstaten neigten, müsse die Öffentlichkeit wirksam geschützt werden, heißt es zur Begründung.

Zuvor war auch ein zweiter besonders heftiger Fall Thema in den Medien: Mitte Januar wurde das Gerichtsverfahren gegen eine 45jährige Frau eröffnet, die jahrelang nichts dagegen unternommen hatte, dass ihr Sohn sich an seiner eigenen Schwester verging. Obwohl sie beide erstmals 2010 nackt in einer eindeutigen Situation erwischt hatte – da war das Mädchen gerade einmal fünf und ihr Bruder 13 Jahre alt – und es später immer wieder deutliche Verdachtsmomente gab, habe sie abseits von Ermahnungen, die auf taube Ohren stießen, effektiv nichts zum Schutz ihrer Tochter getan, so das Gericht. Besonders eindeutig soll eine Vergewaltigung durch den Bruder gewesen sein, als sie zwölf und er 20 war. Sogar noch als das Mädchen bald darauf schwanger war, unternahm die Mutter nichts gegen die offenkundige Gewalt an ihrer Tochter.

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