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Aus: Ausgabe vom 15.02.2024, Seite 5 / Inland
Fußball

Fans stoppen Investor

Blackstone zieht sich nach Protesten in Fußballstadien von DFL-Deal zurück. Private-Equity-Firma CVC nun einziger Bieter
Von Raphaël Schmeller
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»Finger weg von unserem Sport«: Fans des VfL Wolfsburg protestieren beim Spiel gegen Union Berlin in der Alten Försterei gegen Blackstone (10.2.2024)

Es ist ein Zwischenerfolg für die Fans: Der US-Finanzinvestor Blackstone zieht sich aus dem Bieterverfahren um die Medienrechte an der Fußballbundesliga zurück. Grund sei die Befürchtung, dass sich das Verfahren durch das Zögern einiger Vereine zu lange hinziehen könnte, berichtete Bloomberg am Dienstag nachmittag. Die anhaltenden Fanproteste hatten ihren Anteil an der Entscheidung.

Am Abend teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit: »Wir bestätigen, dass Blackstone nach guten Gesprächen aus verschiedenen Gründen nicht mehr als strategischer Vermarktungspartner der Bundesliga und zweiten Bundesliga in Frage kommt«. Der DFL sei »stets bewusst« gewesen, »dass durch die im Dezember verabschiedeten Eckpunkte und roten Linien hohe Anforderungen an mögliche Partner gestellt werden«, hieß es in der Mitteilung weiter. Zu Details wolle man sich nicht äußern.

Für die DFL ist der Rückzug von Blackstone ein herber Rückschlag. Als letzter Kandidat für eine Beteiligung von bis zu acht Prozent an einer DFL-Tochter zur Verwertung der Medienrechte ist nun nur noch die Beteiligungsgesellschaft CVC im Rennen. Für die Beteiligung an den TV-Erlösen erhofft sich die DFL die Zahlung von einer Milliarde Euro. Der Vertrag mit dem strategischen Vermarktungspartner soll bis Ende März abgeschlossen werden, rechtzeitig vor Beginn der Vergabe der Übertragungsrechte für Deutschland und die deutschsprachigen Nachbarländer Mitte April.

Seit Monaten protestieren die aktiven Fanszenen gegen den Einstieg eines Investors. Zuletzt wurden in zahlreichen Bundesligastadien Tennisbälle auf das Spielfeld geworfen, was zu längeren Spielunterbrechungen führte. Im Stadion des Hamburger SV wurden beim Spiel gegen Hannover am Freitag abend auch Fahrradschlösser an die Tornetze gehängt. Bei der Begegnung zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg am Samstag in der Alten Försterei konnte ein Spielabbruch durch eine »letzte Warnung« über die Stadionlautsprecher gerade noch verhindert werden.

Der geplante Einstieg von Investoren stößt dabei nicht nur in der organisierten Fanszene auf Unmut. Bei einer Umfrage von Sportwissenschaftlern in Zusammenarbeit mit der Plattform FanQ, über die der Spiegel am Dienstag berichtete, lehnten 62,1 Prozent von 2.090 befragten Stadionbesuchern und Fernsehzuschauern das Vorhaben der DFL ab.

Nach Ansicht der Fans treibt der Deal die Kommerzialisierung des Fußballs weiter voran. Auch die Art und Weise, wie die Entscheidung zustande kam, sorgt für Ärger. Bei der geheimen Abstimmung der 36 Profiklubs im Dezember war die notwendige Zweidrittelmehrheit wohl nur deshalb zustande gekommen, weil Hannovers Klubchef Martin Kind für den Einstieg eines Investors gestimmt haben soll. Der Verein hatte Kind angewiesen, dagegen zu stimmen. Unter anderem die Präsidenten des VfB Stuttgart, Claus Vogt, und von Union Berlin, Dirk Zingler, forderten deshalb am Wochenende eine neue Abstimmung.

Die Bürgerbewegung Finanzwende begrüßt die aktuellen Entwicklungen. »Der Protest wirkt. Finanzinvestoren scheuen öffentliche Auseinandersetzungen über ihr Handeln und deswegen haben die Fanproteste, die weltweit im Fernsehen zu sehen waren, genau ins Schwarze getroffen«, sagte Jorim Gerrard, Experte für Private-Equity-Firmen bei der Organisation, am Mittwoch gegenüber jW. Um die Fans zu besänftigen, habe die DFL »rote Linien« definiert, die den Einfluss der Finanzinvestoren begrenzen sollen. Da dies der »Natur« der großen Private-Equity-Firmen wie Blackstone und CVC widerspreche, sei es nicht verwunderlich, dass sich Blackstone nun zurückgezogen habe. Ein Deal mit dem verbliebenen Finanzinvestor CVC werde früher oder später dazu führen, dass die »roten Linien« der DFL missachtet würden, so Gerrard weiter. »CVC wird Macht einfordern, deswegen muss der DFL-CVC-Deal jetzt ein für alle Mal gestoppt werden.«

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