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Aus: Ausgabe vom 14.02.2024, Seite 10 / Feuilleton

Schubert, Greiff, Martinek

Von Jegor Jublimov
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Eine schrecklich nette Fernsehfamilie: Hildegard Krekel, Heinz Schubert, Elisabeth Wiedemann und Diether Krebs (v. l. n. r.)

»Um dir unter den Rock zu gucken, muss man sich ja nicht mal bücken«, wirft der Hauspascha seiner Tochter im Minirock vor. »Du nicht, andere schon!«, antwortet Rita dem etwas zu kurz geratenen Vater. Eine der vielen Pointen, die auf die Größe des Schauspielers Heinz Schubert anspielten, der den kleinbürgerlich-reaktionären Familienvater Alfred Tetzlaff in der WDR-Comedyserie »Ein Herz und eine Seele« spielte, der der Figur des Archie Bunker in der TV-Serie »All in the Family« nachempfunden war. Mit Schubert als »Ekel Alfred« wurde eine ideale Besetzung gefunden (obwohl Autor Wolfgang Menge ihm einige Eigenständigkeiten im Text übel nahm).

Der 1925 geborene Berliner Schubert musste noch 1945 in den Volkssturm und hatte zeitlebens Hass auf Krieg und Gewalt. Bei einem Auftritt als Komparse in einer Krimikomödie neben Paul Verhoeven leckte er Blut, ging auf eine Schauspielschule, von wo ihn Bertolt Brecht stracks für sein Berliner Ensemble engagierte. Ab 1950 blieb er für ein gutes Jahrzehnt am Hause, hatte hier 1956 seinen Durchbruch in der irischen Tragikomödie »Der Held der westlichen Welt« (»The Playboy of the Western World« von John Millington Synge). Nach dem Mauerbau blieb Schubert im Westen, spielte Theater und verkörperte auf der Leinwand 1964 den Dieb Grundeis in Robert A. Stemmles Kästner-Adaption »Emil und die Detektive« sowie Hadschi Halef Omar in der ZDF-Serie »Kara Ben Nemsi Effendi« (1973/74) frei nach Karl May. Etwa gleichzeitig begann »Ein Herz und eine Seele«, ein Glück für ihn, aber auch eine Last, die ihn festlegte. Schubert befreite sich davon u. a. mit Hans-Jürgen Syberberg, der ihm 1976 mehrere Rollen – darunter die von Hitler und Himmler – in seinem Essayfilm »Hitler, ein Film aus Deutschland« gab. Am 12. Februar war Schuberts 25. Todestag.

Von dem Dutzend seiner Defa-Filme war Heinz Schuberts markanteste Rolle vielleicht die eines Vorarbeiters in der Komödie »Auf der Sonnenseite« (1961/62) neben Manfred Krug und Marita Böhme. Beide spielten kurz danach in dem von Krug und Horst Bastian geschriebenen Berlin-Film »Der Kinnhaken«, mit »Manne« als aufrechtem Kampfgruppenvertreter. Er bekommt es an der gerade geschlossenen Grenze mit der leichtlebigen Ostberlinerin Carolin zu tun, die sich von ihm den illegalen Grenzübertritt erhofft. Carolin war Dietlinde Greiff, die am 17. Februar ihren 85. feiern kann. Die Pankowerin studierte in Babelsberg, spielte Theater u. a. in Rostock und Schwerin und trat immer wieder bei Defa und DFF auf. Pech hatte sie, als sie 1961/62 eine Charakterrolle als Lehrerin in »Die aus der 12b« nach einem Stück von Hedda Zinner spielte. Sie verunglückte beim Skilaufen und musste durch eine andere Schauspielerin ersetzt werden. Doch sie setzte ihren Weg fort, war in Filmen wie »Die Abenteuer des Werner Holt« (1965) und »Ohne Kampf kein Sieg« (1966) und hat nach einer längeren Berufspause jungen Regisseuren wie Max Hegewald und Jeshua Dreyfus in den letzten Jahren auf den Weg geholfen.

Max Hegewald spielte 2019 in einer Folge der ARD-Serie »Morden im Norden« eine Episodenrolle neben Sven Martinek, der am Beginn seiner Laufbahn bei Defa und DFF beschäftigt war (z.B. Windjacke in »Insel der Schwäne«, 1984). Inzwischen kennt man den interessanten Typen als Hauptdarsteller zahlreicher Krimiserien (»Polizeiruf 110«, 1988–2002, »Der Clown«, 1996–2005, »Die Spezialisten«, 2006/07), aber auch aus Arztserien (»In aller Freundschaft«, 2002-2013, »Tierärztin D. Mertens«, 2006–2021). Der Vater von sechs Kindern feiert am Sonntag seinen 60. Geburtstag.

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