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Aus: Ausgabe vom 12.02.2024, Seite 11 / Feuilleton
Film

Unter der Knute

Mit dem Science-Fiction-Film »Rebel Moon – Teil 1: Kind des Feuers« schlägt Zack Snyder jetzt für Netflix zurück
Von Saskia Weber
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Mit so einem Pferdegreif ist beim Rodeo nicht zu spaßen

Krawallregisseur Zack Snyder (»300«, »Watchmen«, »Man of Steel«) habe für Netflix mit seinem neuen Science-Fiction-Film »Rebel Moon – Teil 1: Kind des Feuers« die »Star Wars«-Saga und »Die sieben Samurai« (Akira Kurosawa, 1954) kombinieren wollen, schreibt die Frankfurter Rundschau, die wohl vergessen hat, dass »Star Wars« selbst ja nie viel mehr als ein Akira-Kurosawa-Rip-off gewesen ist. Die Welt wiederum sieht »Star Wars«, »Herr der Ringe« und »Dune«, die SZ sogar einen (missglückten) Schöpfungsversuch eines neuen »Star Wars«-Universums.

In Snyders Zukunftsvision wurde eine kultivierte und wohlmeinende Monarchie – folternd, interplanetar erobernd, massenmordend – abgesetzt, und ein ehemaliger General hat sich zum Diktator aufgeschwungen. Dieser versucht nun die um Unabhängigkeit bemühten Welten/Kolonien unter seiner Knute zu halten und lässt Rebellen verfolgen.

Snyder studierte nach einem Montessori-Reformschulbesuch in den USA zunächst Malerei in London, dann Design in Kalifornien. Viele seiner Filme leben von strahlenden Kriegern und Comichelden. Für andere Rezensenten aber bisher kaum erwähnenswert: Die post-monarchistischen Imperiumstruppen aus »Rebel Moon« kommen, durch Snyder überdeutlich kostümiert, zwar faschistisch, katholisch und in den unteren Rängen US-amerikanisch daher, tragen aber auch eindeutige Designelemente der Roten Armee.

Die Hauptfigur Kora (Sofia Boutella), ein im Krieg seiner Familie geraubtes und vom späteren Diktator aufgezogenes Mündel, wollte sich auf einem anderen Planeten zur Ruhe setzen und Zerstreuung im Landleben suchen. Nachdem aber die Bauern ihr Korn an Rebellen verkauft und eine Strafexpedition der Mutterwelt auf sich gezogen hatten, muss das Mündel in den Krieg gegen seinen Ziehvater ziehen. Dafür sammelt sie pittoreske Gefährten: unter anderem einen Hippogreif reitenden, »indianisch« gestalteten Prinzen, eine Feuerlaserschwerter schwingende »fernöstliche« Meuchelmörderin sowie einen »afrikanischen« General, der sich zwischenzeitlich schwer alkoholisiert als Gladiator versucht.

Die Hauptrolle erhielt mit der in Algerien geborenen Sofia Boutella wieder eine starke »nichtweiße« Frau. Der weiße Bauernschönling, der sie begleitet, guckt derweil die meiste Zeit eher lieb, bemüht sich um Kinder und wird sogar von einem brünstigen Außerirdischen als männliche Hure betrachtet, bis er zu Beginn des explosiven Finales all seinen Mut zusammennehmen und einen verräterischen Händler erschießen muss. Netflix scheint nicht wahrhaben zu wollen, dass bestimmte Stereotype nicht dadurch besser werden, dass man einfach die Geschlechterrollen vertauscht.

Der Streaminganbieter versucht seit Jahren der Konkurrenz durch die Konstruktion eigener Fantasieuniversen den Rang abzulaufen und durch die dort geschaffene Film- und Serieninfrastruktur das Kino zu ersetzen. Ob »Rebel Moon« dazu beiträgt oder durch seine sichtliche Bemühtheit eher das Gegenteil bewirkt, bleibt abzuwarten. Die Zuschauerzahlen waren beim Erscheinen Ende des vergangenen Jahres zunächst beträchtlich, die Kritikerbewertungen erbärmlich, der Schwachsinnsfaktor groß. Teil zwei soll mit dem Untertitel »The Scargiver« (»Die Narbenmacherin«) am 19. April erscheinen.

»Rebel Moon – Teil 1: Kind des Feuers«, Regie: Zack Snyder, USA 2023, 133 Min., auf Netflix

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